Archiv für den Monat: April 2016

Zur Modernisierung der russischen Wirtschaft

Wege zur Modernisierung der Russischen Wirtschaft

Vortrag vor dem Schweizerisch-Russischen Forum in Zürich am 11. April 2016  

Am 11. April fand in Zürich eine Veranstaltung des Schweizerisch-Russischen Forums unter dem Motto ’Zum Kern der Sache‘ vordringen.

Prof. Yaroslav Lissovolik, Chefökonom der Euro-Asiatischen Entwicklungsbank in Moskau, befasste sich mit dem Stand und der Entwicklung der russischen Wirtschaft in seinem in Englisch gehaltenem Referat ‚Trajectories of Russia’s Economic Modernisation‘  

Die russische Wirtschaft war in den 90er Jahren durch laissez-faire gekennzeichnet, was zur Abwanderung von Kapital und qualifizierten Leuten ins Ausland führte.

Die Hauptfrage für die laufende Dekade lautet, wie steht es um die russische Wirtschaft in der Zeit der tiefen Erdölpreise und der Sanktionen des Westens, welche nach der Besetzung der Krim verhängt wurden. Bekannterweise ist die russische Wirtschaft abhängig von den Rohstoffen, insbesondere Erdöl und Erdgas. Sie machten im Jahr 2015 60 % der Exporte aus, trugen rund 40 % zu Staatseinnahmen bei und ihr Anteil am BSP lag bei 18 %. Demzufolge wirkten sich die tiefen Rohstoffpreise stärker aus als die westlichen Sanktionen. Konkret heisst das, dass das Wirtschaftswachstum sich in 2015 auf -5% verlangsamte nach rund + 3 % im Vorjahr 2014. Die Inflation hat sich nahezu halbiert auf 7 %,  das Wachstum der Löhne hat ins Negative umgeschlagen und das Defizit hat sich vergrössert. Ein ernstes Problem ist die demographische Entwicklung, erst seit 2012 gibt es mehr Geburten als Todesfälle. Dies führt zur Abhängigkeit der Wirtschaft von ausländischen Arbeitskräften v.a. aus Zentralasien.  Die Regierung beschloss, den Rubel nicht zu stützen, um beträchtliche Währungsreserven zu schützen und keine Kapitalverkehrskontrollen einzuführen.

Zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation setzt die Regierung auf interne und externe Massnahmen. Die internen Massnahmen bestehen aus Budgetdisziplin, Tiefhalten der Ausgaben und weiterer Verminderung der Inflation auf 4 %. Innovation ist nach wie vor schwach ausgeprägt und eine Verbesserung soll durch die Ausbildung neuer Fachkräfte und Manager erzielt werden. Ob es gelingt, russisches Kapital und qualifiziertes Personal aus dem Ausland wieder ins Land zu holen, muss abgewartet werden. Zu den externen Massnahmen  gehört die volle Mitgliedschaft in der WTO, welche es Russland erlaubt, bilaterale und multilaterale Verträge mit einzelnen Ländern oder Organisationen wie z.B. ASEAN abzuschliessen. Grosse Erwartungen werden geknüpft an die Euro-Asiatische Wirtschafts-Union, einen riesigen Wirtschaftsraum mit 20 Mio. Km2 und 182 Mio. Einwohnern. Das Wachstumspotenzial ist sehr gross und die Investitionen in die Infrastruktur gewaltig, dazu gehört auch die Wiederbelebung der Seidenstrasse. 

Der Referent hat den mehr als 100 Zuhörern im Hotel St. Gotthard in Zürich einen vertieften Einblick in die russische Wirtschaft gegeben und ist wirklich zum ‚Kern der Sache‘ gegangen. Anschliessend hat er zahlreiche Fragen aus dem Publikum in einer regen Diskussion beantwortet und auch während des Aperos stand er für Einzelfragen der interessierten Teilnehmer zur Verfügung. Für die Moderation was der Weltwoche Journalist W. Koydl verantwortlich.   

Georg Vancura

 

UNO-Bericht: Verluste in Donbass

UNO veröffentlicht Verluste in Donbass / Ost-Ukraine während der Konfliktphase

In einem von der Menschenrechtskommission der UNO veröffentlichtem Bericht über die Einhaltung der Menschenrechte wurden die im Konflikt-Gebiet aufgetretenen Verluste aufgelistet seit dem Beginn der Kämpfe. Das UNO Dokument wurde in Kiew am 3. März 2016 an einer Pressekonferenz vorgestellt.Für die Zeit von April 2014 bis Februar 2016 wurden folgende Verlustangaben gemacht:

Verluste an Menschenleben und Verletzte

Tote: 9‘167

Verwundete: 21‘044

In einem anderen Bericht wird die erhebliche Abnahme der Verluste seit Inkrafttreten des Abkommens in Minsk (Feuereinstellung) erwähnt.

Verluste an Lebensqualität

Rund 2,9 Mio. Einwohner in der erweiterten Konfliktregion müssen gemäss einem anderen UNO Bericht Einschränkungen ihrer Lebensqualität hinnehmen, wie z.B. Nachteile bezüglich Sozialer Dienste, Arbeit, Ausbildung oder medizinischer Hilfe.

Wirtschaftliche Verluste der Ukraine als Folge des Krieges in Donbass / Ost-Ukraine

Am 21. April 2015 wurden durch den Premierminister A. Jazenjuk Angaben über die wirtschaftlichen Verluste der Ukraine veröffentlicht.

Verluste des Staatsbudgets

Ausgefallene Zahlungen und Steuern; 2,8 Mrd. $

Ausserdem lieferte Ukraine Strom und Gas in das Konfliktgebiet im Wert von ca. 1 Mrd $.

Pensionen

An Pensionäre, welche im Gebiet unter der Kontrolle der Ukraine leben wurden 14 Mrd. $ ausbezahlt; es handelt sich um 900‘000 Menschen. Pensionen für Personen in den besetzten Gebieten: 700 Mio. $

Indirekte Verluste

Neben direktem Zahlungsausfall verminderte sich die Wirtschaftsleistung der Ukraine, weil im Konfliktgebiet sich ein grosser Industriekomplex befindet. Die Verluste der Ukraine an BIP betragen gem. W. Gontarewa rund 15 % für die Ostregionen und 2 % für die Krim. Der Anteil der Region Donetsk am BIP betrug zwischen 11,5-12,5 %, jener von Lugansk 4-4,5%.

Gemäss OSZE sollen zwischen den okkupierten und ukrainischen Gebieten Züge mit Kohle und Metalurgieprodukten verkehren.

Nicht quantifizierbare Verluste

Viele qualifizierte Leute und Arbeitskräfte haben die Region wohl für immer verlassen. Investoren dürften in der momentanen Situationen nicht an grössere Investitionen denken.

Der Wiederaufbau

Der Wiederaufbau wird weitere Milliarden kosten, gegenwärtig wird er auf 2 Mrd. $ geschätzt. Die Kosten für Minenräumung wurden nicht quantifiziert.

Zusammenfassung und Übersetzung: Georg Vancura