Archiv der Kategorie: Wirtschaft

Chinas Osteuropa-Plattform wächst

Eine von China ins Leben gerufene Plattform für die Zusammenarbeit von 16 Ländern aus Mittel- und Südosteuropa hat ein 17. Mitglied bekommen.

Beim 16+1-Gipfel in der kroatischen Adriastadt Dubrovnik hiess Kroatiens Regierungschef Plenkovic seinen griechischen Amtskollegen Tsipras willkommen.

«Eine technologische Revolution bestimmt unsere Ära», erklärte der chinesische Ministerpräsident Li Keqang.

Bisher waren elf EU-Länder – Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Estland, Lettland, Litauen, Slowenien, Kroatien, Rumänien, Bulgarien – und fünf EU-Aspiranten – Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Albanien, Nordmazedonien – unter den Teilnehmern.

Peking bietet diesen Ländern Hilfe beim Ausbau ihrer Infrastruktur an. Sie ist Teil der «Neuen Seidenstrasse», über die die es seinen Warenaustausch mit Europa ausweiten will. Meist finanziert mit Krediten von chinesischen Staatsbanken, entstehen auf diese Weise Autobahnen, Brücken, Schienennetze und Hafenanlagen in der Region.

Die EU sieht diese Aktivitäten skeptisch.

Sie befürchtet, dass die eher armen Länder, die chinesische Staatskredite aufnehmen, in eine Schuldenfalle tappen und von China abhängig werden. Auch sieht man es in Brüssel mit einem gewissen Argwohn, dass Peking auf diese Weise seinen politischen Einfluss in der Region verstärkt.

EU-Sanktionen gegen RF

Die Spirale dreht sich!

EU verhängt neue Sanktionen gegen die Russländische Föderation

Deutsche Wirtschafts Nachrichten  |  Veröffentlicht: 04.08.17 16:43 Uhr

Die EU hat am 4. 8.2017 neue Sanktionen gegen die RF wegen der unerlaubten Lieferung von Siemens-Turbinen auf die Krim eingeleitet.

Deutsche Unternehmen seien besorgt wegen US-Sanktionen

Deutsche Wirtschafts Nachrichten am: 04.08.17 Unternehmens-Verbände sehen große Probleme aufgrund der Sanktionspolitik der USA auf die deutsche Wirtschaft zukommen.

Sanktionen von Trump unterzeichnet

Der US-Präsident Donald Trump hat das Gesetz für eine Verschärfung der Russland-Sanktionen unterzeichnet. Trump akzeptierte die vor einer Woche vom Kongress mit grosser Mehrheit befürworteten Sanktionen, die auch den Iran und Nordkorea treffen, nach eigenen Worten denn auch nur widerwillig.

  • Medwedew spricht von einem Handelskrieg: Die Sanktionen hätten die russische Hoffnung auf eine Verbesserung der Beziehungen mit der neuen US-Regierung beendet, schrieb Medwedew auf seiner Facebook-Seite.
  • Der russische UNO-Botschafter Wassili Nebensia sagte, die Sanktionen schadeten den Beziehungen beider Länder. Moskau werde aber weiterhin mit der US-Regierung zusammenarbeiten. Diejenigen, die das Gesetz für die neuen Strafmassnahmen angestossen haben, sollte jedoch nicht meinen, damit die russische Politik verändern zu können.

Kooperation Schweiz-Ukraine: Info aus dem EDA

25 Jahre Partnerschaft Ukraine – Schweiz: Kooperation

Die Schweiz ist mit ihrer Kooperationsstrategie in der Ukraine aktiv.

https://www.eda.admin.ch/content/dam/deza/en/documents/laender/cooperation-strategy-ukraine_EN.pdf

https://www.efd.admin.ch/efd/de/home/dokumentation/nsb-news_list.msg-id-65327.html

Diese Tranche ist Teil eines bilateralen Kredites, den die Schweiz der Ukraine im Rahmen des vom IWF koordinierten multilateralen Währungshilfeprogramms gewährt hat.

Der Bundesrat hat im Februar 2015 in Absprache mit der Schweizer Nationalbank SNB beschlossen, dass sich die Schweiz an der international koordinierten Währungshilfe zu Gunsten der Ukraine beteiligt. Er hat die SNB beauftragt, der Nationalbank der Ukraine (NBU) einen Kredit von 200 Millionen US-Dollar zu gewähren. Der Bund garantiert der Nationalbank die fristgerechte Rückzahlung und Verzinsung des Darlehens. Das Darlehen der SNB ist insbesondere an die erfolgreiche Überprüfung der Umsetzung des IWF-Programms durch die Ukraine gebunden.

Mit der Währungshilfe beteiligt sich die Schweiz an dem vom IWF koordinierten multilateralen Hilfspaket zur finanziellen Stabilisierung der  Ukraine.

Info aus dem Bundeshaus, EDA

 

Zur Modernisierung der russischen Wirtschaft

Wege zur Modernisierung der Russischen Wirtschaft

Vortrag vor dem Schweizerisch-Russischen Forum in Zürich am 11. April 2016  

Am 11. April fand in Zürich eine Veranstaltung des Schweizerisch-Russischen Forums unter dem Motto ’Zum Kern der Sache‘ vordringen.

Prof. Yaroslav Lissovolik, Chefökonom der Euro-Asiatischen Entwicklungsbank in Moskau, befasste sich mit dem Stand und der Entwicklung der russischen Wirtschaft in seinem in Englisch gehaltenem Referat ‚Trajectories of Russia’s Economic Modernisation‘  

Die russische Wirtschaft war in den 90er Jahren durch laissez-faire gekennzeichnet, was zur Abwanderung von Kapital und qualifizierten Leuten ins Ausland führte.

Die Hauptfrage für die laufende Dekade lautet, wie steht es um die russische Wirtschaft in der Zeit der tiefen Erdölpreise und der Sanktionen des Westens, welche nach der Besetzung der Krim verhängt wurden. Bekannterweise ist die russische Wirtschaft abhängig von den Rohstoffen, insbesondere Erdöl und Erdgas. Sie machten im Jahr 2015 60 % der Exporte aus, trugen rund 40 % zu Staatseinnahmen bei und ihr Anteil am BSP lag bei 18 %. Demzufolge wirkten sich die tiefen Rohstoffpreise stärker aus als die westlichen Sanktionen. Konkret heisst das, dass das Wirtschaftswachstum sich in 2015 auf -5% verlangsamte nach rund + 3 % im Vorjahr 2014. Die Inflation hat sich nahezu halbiert auf 7 %,  das Wachstum der Löhne hat ins Negative umgeschlagen und das Defizit hat sich vergrössert. Ein ernstes Problem ist die demographische Entwicklung, erst seit 2012 gibt es mehr Geburten als Todesfälle. Dies führt zur Abhängigkeit der Wirtschaft von ausländischen Arbeitskräften v.a. aus Zentralasien.  Die Regierung beschloss, den Rubel nicht zu stützen, um beträchtliche Währungsreserven zu schützen und keine Kapitalverkehrskontrollen einzuführen.

Zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation setzt die Regierung auf interne und externe Massnahmen. Die internen Massnahmen bestehen aus Budgetdisziplin, Tiefhalten der Ausgaben und weiterer Verminderung der Inflation auf 4 %. Innovation ist nach wie vor schwach ausgeprägt und eine Verbesserung soll durch die Ausbildung neuer Fachkräfte und Manager erzielt werden. Ob es gelingt, russisches Kapital und qualifiziertes Personal aus dem Ausland wieder ins Land zu holen, muss abgewartet werden. Zu den externen Massnahmen  gehört die volle Mitgliedschaft in der WTO, welche es Russland erlaubt, bilaterale und multilaterale Verträge mit einzelnen Ländern oder Organisationen wie z.B. ASEAN abzuschliessen. Grosse Erwartungen werden geknüpft an die Euro-Asiatische Wirtschafts-Union, einen riesigen Wirtschaftsraum mit 20 Mio. Km2 und 182 Mio. Einwohnern. Das Wachstumspotenzial ist sehr gross und die Investitionen in die Infrastruktur gewaltig, dazu gehört auch die Wiederbelebung der Seidenstrasse. 

Der Referent hat den mehr als 100 Zuhörern im Hotel St. Gotthard in Zürich einen vertieften Einblick in die russische Wirtschaft gegeben und ist wirklich zum ‚Kern der Sache‘ gegangen. Anschliessend hat er zahlreiche Fragen aus dem Publikum in einer regen Diskussion beantwortet und auch während des Aperos stand er für Einzelfragen der interessierten Teilnehmer zur Verfügung. Für die Moderation was der Weltwoche Journalist W. Koydl verantwortlich.   

Georg Vancura

 

Sanktionen ?

Ein Kommentar von Dr. Georg J. Dobrovolny, Bern

Die Sanktionen hatte der Westen als Massnahme gegen die Okkupation der Krim ergriffen, um die Kreml-Herren von weiteren Eroberungsabsichten abzuhalten. Die Sanktionen wirken allerdings eher kontraproduktiv, werden sie jedoch geschickt in die Propaganda eingeflochten und dienen dem Kreml als Ausrede bzw. Begründung für die wirtschaftliche Rezession. Es wäre an der Zeit, diese Massnahmen zu überdenken, evtl. aufzuheben.

Mehr dazu siehe Studien des Vienna Institute for International Economic  www.wiiw.ac.at/

 

Gedanken zu Saudi-Arabien

Ich, Jürg Neuhaus, wollte schon früher etwas für den FOW-Blog über Saudi Arabien schreiben. Doch immer hat sich die Situation wieder verändert.

Als einer der in Jeddah (Saudi Arabien) über 20 Jahre gelebt und im Maschinenbau-Gewerbe gearbeitet hat, sehe ich doch recht grosse Probleme – wirtschaftlich als auch gesellschaftlich.

Schon vor Jahren, als der Ölpreis langsam zu sinken begann, berechneten Analysten die gefährliche Schwelle, für Saudi Arabien bei 100 USD pro Barrel. Heute sind es weniger als 30 USD. Im Iran wurden die Sanktionen aufgehoben, das heisst die Iraner werden auch noch Öl auf den Markt bringen, was den Preis weiter senken wird. All die Jahre habe ich für 1 Liter Benzin 49 Halala (12 Rappen) bezahlt. Vor kurzem wurde der Benzinpreis um 50 Halala erhöht. Also verdoppelt. Früher kauften wir pro Woche für ca. 100 Ryal Lebensmittel ein. Vor 2 Jahren, als ich das Land verliess, waren es 250 Ryal. Ca. 80% der Saudis arbeiten direkt oder indirekt beim Staat. Zudem ist praktisch alles in dem Land subventioniert (Wasser, Strom, Elektrizität etc). All das sind Unsummen welche aufgebracht werden müssen. Bleibt der Ölpreis tief oder sinkt er noch, sieht das nicht gut aus. Aber das ist erst der Anfang. Saudi Arabien ist noch ein reiches Land, doch der normale Bürger muss auch schauen, dass er über die Runden kommt.

Rund 27 Mio. Einwohner hat das Land. Wie viele Illegale weiss niemand. Da sind noch 8 Mio. Ausländer, ohne die das Land nicht funktionieren würde. Jedes Jahr kommen 600’000 Saudi- Schulabgänger auf den Arbeitsmarkt, aber alle wollen Manager werden, arbeiten will keiner, denn das ist Sache der Pakistanis oder Philippinos. So sind sie aufgewachsen- für alles gab es zu Hause eine Maid.

Die Jungen sehen aber per Internet, wie andere junge Leute ihres Alters im Westen leben: Man geht mit der Freundin in die Disco, ins Kino etc. aus. Nichts dergleichen gibt es in Saudi Arabien- gesellschaftlich ein riesiges Pulverfass.

Jetzt, wo sich die Amerikaner langsam aus Syrien verabschieden wollen, soll Saudi Arabien Bodentruppen nach Syrien schicken. In Jemen sind sie bereits in einen Krieg verwickelt. Allerdings weiss niemand, wie viele Söldner-Truppen dort kämpfen.

In der Saudischen Armee dienen Schiiten als auch Sunniten. Diese sollen jetzt gegen Ihresgleichen kämpfen, was in einen Bruderkrieg ausarten wird. Das heisst auch wegen den USA der ganze Mittleren Osten destabilisiert wird. Anderen wie Deutschland, Frankreich,  Saudi Arabien usw.  sollen jetzt die Drecksarbeit erledigen – den Islamischen Staat, der von den Amerikanern, mit dem Einverständnis des US-Kongresses aufgebaut wurde, sowie Al-Kaida und die anderen Terror-Organisationen bekämpfen. So was Absurdes soll man verstehen….

Wir, meine Frau und ich, haben uns in Saudi Arabien wohl gefühlt. Wurden immer und überall mit Respekt behandelt. Fühlten uns vor allem sicher. Ob bei Tag oder in der Nacht. Hier in der Schweiz musste ich erst lernen, dass man alles abschliessen muss. Vielleicht sollten einige der Medien erst mal ihre Kommentatoren in ein Land schicken um etwas über das Land und dessen Bevölkerung zu erfahren, bevor man grossartig Artikel schreibt und im Fernsehen Diskussionen führt.

Ich bin so weit gekommen, dass ich weder im Fernsehen die Kommentare oder die Tagesschau verfolge, noch die Zeitungen lese. In Ländern ausserhalb Europas wird jede Art von Presse-Einschränkung an die grosse Glocke gehängt. Doch hier in Europa frage ich mich allen Ernstes, wo die Pressefreiheit beginnt und wo sie endet.

Russland: Wie weiter?

Die Kreml-Group steckt in einer selbstgebauten Falle: Sie kann die Ukraine weder erobern, noch kontrollieren und schon gar nicht als „Brudervolk“ (Kreml-Chef dixit) zurückgewinnen. Sie wird lediglich versuchen, die Ukraine bei ihrem Start in die Freiheit zu bremsen und zu schwächen. Dies könnte jedoch das ukrainische Volk motivieren anzupacken. Weder die EU, noch die Nato, geschweige denn die Ukraine bedrohen Russland militärisch.

Die durch die Krim-Okkupation losgetretene Zeitbombe wird jedoch nicht nur auf die RF-Führung wie ein Bumerang zurückkommen. Es ist doch eine Einladung für China, das  an Ost-Sibirien sehr interessiert ist. Das wurde der Kreml-Führung bei der Militär-Parade in Bejing wohl bewusst. Die auf der Krim sowie in der Ukraine forcierte Selbstbestimmung weckt Hoffnung bei einigen Völkern der russländischen Föderation.

Die eigentlichen Feinde des russischen Volkes sind alle, die das Land an einer Weiterentwicklung behindern, sei  es durch eine militärische Aufrüstung, sei es durch Verleumdung der Kritiker, Manipulation, Korruption usw.  inkl. der sog. Maskirowka = Maskerade. Letztere sorgt auch im russländischen Land selbst für Verwirrung und lässt bei der Bevölkerung keinerlei Hoffnung auf Wohlstand zu. Die Kreml-Führung macht auf patriotische Euphorie und redet sich heraus mit der Bedrohung aus dem Westen und dessen Sanktionen. Wie lange noch?

Die seit 1985 allgemein bekannten und bis heute nicht beseitigten Probleme und vor allem die stagnierende Modernisierung der russischen Wirtschaft, verbunden mit einer ineffizienten Nutzung der eigenen Ressourcen benötigen dringend eine neue Strategie.

Falls es die Ukraine mit ihrer cleveren, international besetzten Regierung und fleissigen Bevölkerung bald zu Wohlstand und Freiheit schafft, wird dies der russländischen Bevölkerung jenseits der Grenze die Augen öffnen und sie zum Umdenken bringen – zu spät für die Kreml-Group. Die Propaganda wird ins Leere laufen.

Umso mehr müssten die intelligenten Kreml-Experten, die knappe Zeit anders nutzen, um das grösste Land weltweit wirtschaftlich – nicht bzw. nicht nur militärisch – vorwärts zu bringen. Nur so können sie Respekt, Vertrauen auch im Ausland und vor allem Wohlstand für die russländischen Bevölkerung aufbauen.

Georg J. Dobrovolny, Dr.oec., Bern

 

Russlands Wirtschaftslage: Kollaps ausgeblieben/ update

Russlands Wirtschaftslage: Kollaps ausgeblieben

Dr. Stanislava Brunner, Vorstandsmitglied FOW                                                          Zürich, 6.5.2015

Bis Januar 2015 hat die russische Währung eine steile Talfahrt erlebt – insgesamt resultierte 2014 ein Verlust gegenüber dem US$ von 46%. Die Notenbank sah sich zu massiven Zinserhöhungen  (Leitzins auf 17%) und Devisenverkäufen gezwungen.

Im Februar 2015 setzte unerwartet früh eine Erholung ein: von 67 Rbl per US$ auf 51 Rbl/US$, obwohl die Voraussetzungen wegen der anhaltenden Sanktionen und der  drohenden Rezession nach wie vor ungünstig waren

Die Erstarkung der Währung war zum einen Teil saisonal begründet , da Unternehmen wegen Steuerzahlungen in grossen Mengen Dollar in Rubel tauschten; zum anderen haben sich die Rohölpreise, nach einem Einbruch im vorangegangenem Halbjahr um 50%, seit Jahresbeginn stabilisiert und zuletzt leicht zugelegt auf über 60$ pro Barrel. Und die Lage in Ukraine hat sich nicht weiter verschlechtert. Nach dem Ende der Panik setzte auch eine Spekulation zugunsten des Rubels ein.

Doch nicht alle sind erfreut: ein stärkerer Rubel schwächt die Wettbewerbsposition russischer Exporteure. Vor allem die Staatseinnahmen, welche zum grossem Teil aus Erdölverkaufen in US $ gespeist werden, würden nicht mehr so leicht fliessen. Der Rubelpreis pro Fass liegt um 14 % tiefer als im Vorjahr. Wegen des Erreichens der Kapazitätsgrenze mit 10.7 Mio. Fass pro Tag lässt sich der voraussichtliche Fehlbetrag  im Staatsbudget  2015 von 3.7% des BIP durch eine erhöhte Ölproduktion nicht ausgleichen.

Analysten sind der Meinung, dass der  Rubel, gemessen an den Fundamentaldaten, immer noch überbewertet ist.

In 2015  droht eine  Rezession: nach einer Schrumpfung des BIP um 2% im 1. Quartal gegenüber dem Vorjahr wird im 2. Quartal ein Minus bis zu 4% erwartet. Angesichts dieser Lage und der leicht abgeschwächten Inflation (16.5% im April gegenüber 16.9% im Vormonat) hat die russische Notenbank am 29.4. den Leitzins  deutlich auf 12.5% gesenkt, nach der letzten Reduktion auf 14% im März. Durch günstigere Kredite sollen  die Investitionstätigkeit und der Konsum angekurbelt werden.

Reichen diese kleinen Zeichen, um das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen?

Die Investitionen sind im 1.Quartal 2015 um 6% eingebrochen. Die Kapitalflucht dauert an. Die ausländischen Direktinvestitionen sind in den 3 Quartalen 2014 gegenüber der Vorjahresperiode  von 61.3 Mrd. $ auf 23,6 Mrd. $ zurückgegangen. Die Währungsreserven nehmen kontinuierlich ab, auf 353.5 Mrd. $ Ende April 2015.

Jedoch scheint die russische Wirtschaft robuster als befürchtet. Die Industrieproduktion – vor allem die Rüstungsindustrie –  hat leicht  zugelegt. Der Maschinenbau, welcher für die Öl- und Gasindustrie produziert, wird von der Regierung Hilfsgelder in Milliardenhöhe erhalten. Auch die Lebensmittelindustrie wurde dank der Substitution ausbleibender Importe angekurbelt.

Allerdings werden die Militärausgaben auf Kosten von Gesundheitswesen und Bildung erhöht. Also, kaum Investitionen in eine bessere Zukunft, wenn man den Schwund der Erwerbsbevölkerung und den Fachkräftemangel berücksichtigt. Die  Arbeitsbevölkerung ist überaltert, das Durchschnittslebensalter niedrig.

Russland konzentriert sich auf die Suche nach neuen Handelspartnern – neben China und Indien wurde der Aufbau von Handelsbeziehungen mit Iran eingeleitet.

Wie sind die weiteren Aussichten?

Die starke Korrelation des Rubel-Wechselkurses mit dem Ölpreis dürfte – zumindest kurzfristig – die Rubelerholung unterstützen. Da einerseits in der Folge des starken Ölpreiseinbruchs  viele amerikanischen Schiefergasförderer schliessen mussten und das Überangebot abgebaut wurde, und andererseits  grosse Terminmarktspekulanten auf eine Erholung setzten,  ist der Trend beim Ölpreis gegenwärtig positiv. Die mittelfristige Ölpreisentwicklung bleibt jedoch volatil.

So scheint das Katastrophenszenario für Russland abgewendet, doch die alten Probleme bleiben.

Die EU- Sanktionen dürften wegen der ungeklärten Lage in der Ukraine verlängert werden. Als Folge der weiter sinkenden Reallöhne sind vom Konsum kaum Wachstumsimpulse zu erwarten. Es bleibt abzuwarten, ob die Zinssenkungen die private Investitionstätigkeit ankurbeln. Der Staat jedenfalls, konfrontiert mit einem Budgetdefizit von 3.7% in diesem Jahr, hat kaum Spielraum für zusätzliche Investitionsausgaben. Das Defizit wird wohl aus dem Reservefonds finanziert, dessen Mittel auf  Ende  Jahr aufgebraucht würden.

So dürfte das BIP Wachstum – nach einem kleinen Einbruch von 0.6% in 2014 – im aktuellen Jahr weiter mit ca. 3-4% rückläufig und 2016 wahrscheinlich noch schwach negativ bleiben. Positiv ist, dass die Krise auch eine Chance wurde, durch die erzwungene Importsubstitution die eigene Industrieproduktion (Leichtindustrie, bestimmte Maschinenbausparten) anzukurbeln und somit den lange fälligen Schritt zur Reduktion der Abhängigkeit von Öl- und Gasexporten einzuleiten.

 

Die Krise in Russland: Wirtschaft Up-date

Die Krise der Russischen Föderation

Dr. Stanislava Brunner, Vorstandsmitglied FOW                                        Zürich 25.1.2015

Die aktuelle kritische Wirtschaftslage in Russland ist nicht primär Folge von Aussenfaktoren wie den EU- und US- Sanktionen sowie dem Ölpreiszerfall. Diese haben nur die Defizite freigelegt:  die strukturellen Schwächen als Folge von anhaltender Fokussierung auf Energieexporte und einer sehr kurzfristigen Orientierung der quasi Staatsfirmen auf schnelle Gewinne. Langfristige Investitionen in die Modernisierung und  Diversifizierung der Wirtschaft sind nach wie vor ungenügend.

Aktuelle Lage:

Schon vor  dem Ölpreiszerfall schwächelte die russische Wirtschaft, mit einem BIP Wachstum in 2013 von nur 1.8 %. Für 2014 wird ein Einbruch zwischen 3% und 5% erwartet. Im Dezember 2014 verschärfte sich die Situation drastisch. Der Rubel verlor in kurzer Zeit rasant an Wert, parallel zu dem ins bodenlose sinkenden Ölpreis.

Im Jahresverlauf 2014 hat die russische Währung 46% gegenüber US$ eingebüsst und der Ölpreis Marke Brent – im Juni noch bei 107.7 $/Fass – sank um 48%. Am Jahresanfang 2015 setzte sich die Schwächephase des Rubels fort und der Ölpreis sank unter 50$/Fass, auf ein 6-Jahrestief (siehe die parallele Bewegung in Graphik 1.)  Im Staatsbudget 2014 wurde noch mit einem Preis vom 100$/Fass und einem Rubel/Dollar Wert von 37,70 kalkuliert. Gegenwärtig schwankt der Kurs um 64 Rbl/$.

Die Zentralbank hat  immer wieder (im März nach der Kreml Invasion, in  Oktober, im Dezember..) zur Stützung der Währung interveniert, insgesamt mit ca. 87 Mrd. $ in 2014. Die Währungsreserven sind im Jahresverlauf  von 450 Mrd. $ auf 379.4 Mrd. $ heute gesunken. Ein Teil dieser Reserven ist in dem Reserve- sowie dem Wohlfahrtsfonds angelegt, dessen Mittel nun für finanzielle Assistenz an in Liquiditätsnot geratenen Grossfirmen und Banken verwendet werden. Es wird geschätzt, dass ohne diese Fonds die verfügbare Reserven nur bei 150 Mrd. $ liegen.

Parallel zu dem Schwund der offiziellen Reserven erreichte die Kapitalflucht (= Netto Kapitalabfluss) 2014 die Höhe von 150 Mrd. $. Zwar weist die Ertragsbilanz dank der radikalen Kürzung der Importe einen Überschuss auf, der jedoch die Kapitalabflüsse nicht kompensieren kann. Als Gegenmassnahme hat die Zentralbank in mehreren Schritten den Leitzins um 11% auf 17 % erhöht.

Wie geht es weiter?

Die Verteuerung der Investitionen, Hand in Hand mit dem erschwerten Zugang zu den internationalen Finanzmärkten als Folge der EU- und US- Sanktionen, dürfte zur drastischen Reduktion der Investitionstätigkeit führen. Die Konsumenten werden ihrerseits den Konsum einschränken, denn die Inflation stieg auf 11.4 % am Jahresende und es wird mit einer Steigerung auf 15-17% im weiteren Jahresverlauf 2015 gerechnet – insbesondere wegen der als Retorsionsmassnahme verhängten Importbeschränkung, vor allem von Lebensmitteln. Der Wachstumseffekt der Importsubstitution durch die Erhöhung der inländischen Produktion dürfte jedoch gering bleiben.

Eine Rezession wird unausweichlich. Gleichzeitig verschärft sich die Situation im Bankensystem. Höhere Refinanzierungskosten und ausstehende Fremdwährungskredite dürften zur Zunahme der faulen Kredite führen und belasten die Bilanzen. Die staatliche Unterstützung von schwächelnden Banken liegt gegenwärtig in der Grössenordnung von 2% des BIP. Weitere Schritte, den Banken Zugang zum Kapital zu erleichtern, sind in der Pipeline.

Angesichts der engen Korrelation der Rubel- und Ölpreisentwicklung ist  die wichtigste Frage:

Was macht der Ölpreis?

Vorerst ist keine Trendwende in Sicht.  Mitte Januar schien es, dass der Ölpreis Marke Brent mit 50$/Fass den Boden gefunden hat. Dann hat Irak die Produktion stark erhöht, während Russland in Dezember mit 10.67 Mio. Fass pro Tag den postsowjetischen Rekord erreicht hatte. Die Internationale Energieagentur geht von einem nur geringfügig kleineren Angebot in den nächsten 6 Monaten aus. Entscheidend ist, dass vor allem die Schiefergasförderer in den USA bei diesem Preisniveau ihre Investitionen zurückfahren. Doch eine Preiserholung kann erst verzögert wahrgenommen werden wegen grosser Lagervorräte. Immerhin ist eine voraussichtliche Steigerung auf 60-70$/Fass am Ende 2015 realistisch.

Weil Russland so abhängig ist von den Rohstoffpreisen – zwei Drittel der Exporteinnahmen stammen aus Öl- und Gasexporten und dieser Anteil ist ständig von 50% der Exporte im Jahr 2000 gestiegen – bleibt die Lage volatil, abhängig von geopolitischen Faktoren.

Graphik 2: Historische Ölpreisentwicklung im Kontext des weltpolitischen Geschehens

 

Quelle: Bloomberg data

Das Staatsbudget gerät unter Druck: Weil bei einem Ölpreis von nur 50$/Fass ein Einnahmenrückgang von ca. 45 Mrd. $ zur Folge hätte, sollen Staatsausgaben – ausser für die Verteidigung, 2015 um 10% gekürzt werden.  2014 wurde das Militärbudget auf 69 Mrd. $ erhöht, in 2015 sollen die Verteidigungsausgaben auf 84 Mrd. $ steigen. Mit einem anspruchsvollen Modernisierungsprogramm der Armee (bis 2016 auf 21% der Totalausgaben), muss in anderen Bereichen gespart werden. Das Gesundheits- und Bildungswesen muss wieder zurückstecken. Doch droht 2015 ein Budgetdefizit von bis zu 3% des BIP. Dieses soll aus dem  Reservefonds finanziert werden, nachdem im ersten Quartal zuerst die Banken rekapitalisiert worden sind. Weil die Fondsgelder in Fremdwährungsanlagen investiert waren, ist deren Rubelwert bis zu 70 % 2014 gestiegen und kann auch für Fiskalzwecke verwendet werden

Fazit

Lange wurde mit den hohen russischen Währungsreserven argumentiert als einem sicheren Anker.   Doch auch wenn ein Staatsbankrott* voraussichtlich abgewendet werden kann (und – kurzfristig –  eine Entspannung der Lage durch die Vorauszahlung für russische Exporte aus China eintritt), „kaufen“ die  Reserven nur Zeit. Strukturreformen und der Aufbau von Vertrauen sind eine längerfristige Aufgabe. Es scheint nicht, dass Putin in dieser Richtung arbeitet. Er setzt eher auf die militärische Karte. Die aussenwirtschaftliche Aktivität der russischen Führung, gerichtet auf Gewinnung neuer Märkte, kann nicht kurzfristig Früchte tragen. Schwer vorauszusagen, wie lange die Bevölkerung, welche ein sinkendes Realeinkommen in Kauf nehmen muss, Putin die Stange hält.

 

*Nachsatz: Die Ratingagentur Standard & Poor‘s hat am 26.1.2015 die Kreditwürdigkeit Russlands auf Ramschniveau (BB+) herabgestuft. Somit wird die Wahrscheinlichkeit höher eingestuft, dass Staatsanleihen Russlands nicht bedient werden können.