Russland: Wie weiter?

Die Kreml-Group steckt in einer selbstgebauten Falle: Sie kann die Ukraine weder erobern, noch kontrollieren und schon gar nicht als „Brudervolk“ (Kreml-Chef dixit) zurückgewinnen. Sie wird lediglich versuchen, die Ukraine bei ihrem Start in die Freiheit zu bremsen und zu schwächen. Dies könnte jedoch das ukrainische Volk motivieren anzupacken. Weder die EU, noch die Nato, geschweige denn die Ukraine bedrohen Russland militärisch.

Die durch die Krim-Okkupation losgetretene Zeitbombe wird jedoch nicht nur auf die RF-Führung wie ein Bumerang zurückkommen. Es ist doch eine Einladung für China, das  an Ost-Sibirien sehr interessiert ist. Das wurde der Kreml-Führung bei der Militär-Parade in Bejing wohl bewusst. Die auf der Krim sowie in der Ukraine forcierte Selbstbestimmung weckt Hoffnung bei einigen Völkern der russländischen Föderation.

Die eigentlichen Feinde des russischen Volkes sind alle, die das Land an einer Weiterentwicklung behindern, sei  es durch eine militärische Aufrüstung, sei es durch Verleumdung der Kritiker, Manipulation, Korruption usw.  inkl. der sog. Maskirowka = Maskerade. Letztere sorgt auch im russländischen Land selbst für Verwirrung und lässt bei der Bevölkerung keinerlei Hoffnung auf Wohlstand zu. Die Kreml-Führung macht auf patriotische Euphorie und redet sich heraus mit der Bedrohung aus dem Westen und dessen Sanktionen. Wie lange noch?

Die seit 1985 allgemein bekannten und bis heute nicht beseitigten Probleme und vor allem die stagnierende Modernisierung der russischen Wirtschaft, verbunden mit einer ineffizienten Nutzung der eigenen Ressourcen benötigen dringend eine neue Strategie.

Falls es die Ukraine mit ihrer cleveren, international besetzten Regierung und fleissigen Bevölkerung bald zu Wohlstand und Freiheit schafft, wird dies der russländischen Bevölkerung jenseits der Grenze die Augen öffnen und sie zum Umdenken bringen – zu spät für die Kreml-Group. Die Propaganda wird ins Leere laufen.

Umso mehr müssten die intelligenten Kreml-Experten, die knappe Zeit anders nutzen, um das grösste Land weltweit wirtschaftlich – nicht bzw. nicht nur militärisch – vorwärts zu bringen. Nur so können sie Respekt, Vertrauen auch im Ausland und vor allem Wohlstand für die russländischen Bevölkerung aufbauen.

Georg J. Dobrovolny, Dr.oec., Bern

 

Ein Gedanke zu „Russland: Wie weiter?

  1. Patrick Bucher

    Dass die russische Wirtschaft, gerade nach dem Zerwürfnis mit der Ukraine, vor grossen Aufgaben steht, will ich nicht bezweifeln. Ob die „clevere“, international besetzte ukrainische Regierung die Ukraine zu Wohlstand führen wird, wage ich aber zu bezweifeln. Ein Oligarch als Präsident, einen US-Günstling als Premierminister und eine amerikanische Investmentbankerin als Finanzministerin werden wohl vor allem für Privatisierung und Austerität in Form einer Schocktherapie eintreten ‒ Programme, deren desaströse Folgen wir im Russland der 90er zu sehen bekommen haben und gegenwärtig in Griechenland mitverfolgen können. Es fragt sich auch, wie lange die Regierung Poroschenko noch Bestand haben wird, zumal sie heftig von rechts bedrängt wird und so die Verfassungsänderungen, die zum Erfüllen des Minsk-II-Abkommens nötig wären, wohl kaum wird umsetzen können. Nicht gerade, was ich als ein „positives Investitionsklima“ bezeichnen würde.
    Dass Poroschenko sein Wahlversprechen, seine Investments bei Roshen und im Rüstungsbereich abzustossen, gebrochen hat, würde ich nicht gerade als „clever“, sondern als verlogen bezeichnen.
    Der Goldschatz der Ukraine soll ja sicherheitshalber schon einmal in den USA in Sicherheit gebracht worden sein (http://www.finews.ch/news/finanzplatz/14726-ukraine-gold-russland-krieg-krim-usa-reserven). Es fragt sich nur, unter welchen Bedingungen.
    Und der gross angekündigte „Schuldenschnitt“ soll ja auch bloss eine Erstreckung unter Erhöhung des Zinssatzes sein, so Günter Verheugen (ab 4 Minuten 30 Sekunden http://swrmediathek.de/player.htm?show=a9508930-5088-11e5-b1c1-0026b975f2e6). Der Staatsbankrott werde dadurch höchstens herausgezögert, die Schuldenlast ist dadurch sogar gestiegen.
    Die ganze Schuld bei Russland zu suchen greift zu kurz. Ich wünsche den leidgeprüften Ukrainern Wohlstand, Sicherheit ‒ und visumsfreies Reisen in den Schengen-Raum, sicher auch ein Grund, warum sich junge Leute auf den Maidan begeben haben ‒ aber mit diesem Gruselkabinett aus Oligarchen, Finanzhaien und Rechtsradikalen in Regierung und Parlament halte ich das nicht für realistisch.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.