Weltordnung und die Münchner Sicherheitskonferenz 2017: Von Henry Kissinger zu Donald Trump, W. Putin und Xi Jinping
Henry Kissinger hat in seinem Buch ‚Weltordnung‘, die tragenden Prinzipien der Weltordnung seit Westfälischem Friedensvertrag von1648 wie folgt beschrieben: Anerkennung staatlicher Souveränität, Nichteinmischung in innere Angelegenheiten und das Kräftegleichgewicht. Die Basis waren gemeinsam anerkannte Werte wie Demokratie, Menschenrechte und global anerkanntes Rechtssystem. Dieses Ordnungssystem soll Frieden, Stabilität und Wachstum garantieren.
In der heutigen Welt verliert diese Konstruktion der Weltordnung zunehmend an Akzeptanz. Die Folge sind die Entstehung neuer Machtzentren, neue Konflikte und Krisenherde ohne Aussicht auf schnelle Lösung. Daraus resultiert Verunsicherung der Wähler und Verlust der Glaubhaftigkeit der Politik und Politiker, vor allem in der westlichen Welt.
Im Vorfeld der Konferenz wurde von der Euro-Asia Group der Bericht ‚Munich Security Report 2017‘ erstellt, in welchem eine Liste der Szenarien und der Top Ten Trends beschrieben sind. Dazu gehören: Die neue amerikanische Aussen- und Sicherheitspolitik, China, EU-Krise, Krisenherde Nahost, Nordkorea, Digitalisierung, Finanz- und Weltwirtschaft, Migrationsbewegungen etc.
Wenig Zuversicht verheissen die sich abzeichnenden Trends: Unilaterale amerikanische Aussenpolitik und Verzicht auf die Rolle des Weltpolizisten, Zunahme des chinesischen und russischen Einflusses v.a. an deren Peripherie, die Entstehung neuer Krisenherde und unregierbarer Staaten, die Abnahme der Anziehungskraft des westlichen Kultur und liberaler Werte seit dem Ende des Kalten Krieges, und schliesslich die Zunahme der autoritären Regime und der Ausbreitung von ‚Fake News‘.
Die Antworten auf diese Fragen sollte die Münchner Sicherheitskonferenz liefern, welche vom 17.-19. Februar 2017 in München seit 1963 regelmässig stattfindet. Teilnehmen werden der amerikanische Vizepräsident Mike Pence mit US Verteidigungsminister James Mattis und Aussenminister Rex Tillerson, der chinesische Aussenminister Wang Yi, der russische Aussenminister S. Lawrow, der Uno Syrienbeauftragte de Mistura, zwei Schweizer Bundesräte sowie zahlreiche andere namhafte Politiker und Sicherheitsexperten aus der ganzen Welt.
Die amerikanische Vizepräsident M. Pence und der Verteidigungsminister J. Mattis haben die transatlantische Solidarität, das amerikanische Einstehen für die NATO und die sich daraus ergebenden politischen und militärischen Verpflichtungen zur Verteidigung Europas bekräftigt. Allerdings haben sie den von der NATO in 2014 beschlossenen und noch nicht erfüllten verstärkten europäischen Verteidigungsbeitrag von 2 % des BSP klar angemahnt.
Dies ist, falls sie so bleibt, eine solide Grundlage für die gegenseitigen transatlantischen Beziehungen, welche das Rückgrat europäischer Sicherheit sind.
Auf die anstehenden aussenpolitischen Fragen hat die Münchner Sicherheitskonferenz keine Antworten gegeben. Dies zu einem, dass amerikanische Administration sich noch konsolidieren und eigene Positionen formulieren muss, und zum anderen sind die anstehenden Probleme – Nahost, Nordafrika, Syrien, Terrorismus, Migration, Nordkorea usw. sehr komplex und zu deren politischen und militärischen Lösungen neue Vorschläge gemacht und Koalitionen gebildet werden müssen. Letzteres ist angesichts der divergierenden Interessen von direkt und indirekt involvierten Partnern eine sehr schwierige Angelegenheit.
Der russische Aussenminister S. Lawrow sprach in München von einer ‚post-west-era‘, womit er eine Neuordnung der Verhältnisse und damit einen verstärkten russischen Einfluss andeuten wollte. Damit ist nicht primär das Kerngebiet der USA gefährdet, sondern die exponierte europäische und die asiatische Peripherie der neu erstarkenden Mächte Russland und China. Ob Zufall oder nicht, das Pentagon hat einen Flottenverband in das Südchinesische Meer entsandt.
Die Lösung der bestehenden politischen und bewaffneten Konflikte und der damit zusammenhängenden Sicherheitsfragen wird weder einfach noch in kurzer Zeit machbar sein. Der Westen kann dazu einen Beitrag leisten, wenn er deren Lösung mit involvierten Partnern und Institutionen wie UNO, NATO, EU, OSZE, ASEAN usw. auf der Grundlage der gemeinsamen Werte, Demokratie und des Völkerrechts suchen und aufbauen wird. Denn, wenn der Westen sich nicht engagiert, werden andere die Verhältnisse neu ordnen, fragt sich dann zu wessen Vorteil. Die bestehende Weltordnung wird nicht durch die beschriebenen Veränderungen aufgehoben, aber sie wird gewisse Anpassungen erfahren als Folge von Ideologie-, Einfluss-, Wirtschafts- und Machtverschiebungen. Der Westen ist gut beraten, an diesem Changeprocess aktiv mitzumachen.
Georg Vancura, 20. Februar 2017
Quellen:
Munich Security Report 2017: ‘Post-Truth, Post-West, Post-Order?’
https://www.securityconference.de/en/discussion/munich-security-report/
Munich Security Confenrence: https://www.securityconference.de/en/activities/munich-security-conference/
AZ (Aargauer Zeitung) v. 14.2.2017, Alarmstufe Orange‘, Seite 9
TIME Magazine January 23: ‘Trump‘s new world order puts nation over globe‘, page 16-17
Schmidt, E., Cohen, J,: The new Digital Age’, John Murray Publishers, London 2014
Weltwoche Nr. 6, 9. Feb. 2017: Trump verstehen.
Kissinger, H. ‚Weltordnung‘, C. Bertelsmann, München 2014
The New York Times, Feb. 2017
Süddeutsche Zeitung, Feb. 2017
Neue Zürcher Zeitung, Feb. 2017