Wie beim Abschuss des malaysischen Passagierflugzeugs MH 17 werden jetzt beim Giftgas-Anschlag auf Skripal in Salisbury (GB) die Fakten durch den Kreml verdreht, um die Oeffentlichkeit irre zu führen. Besonders den bei der Jugend beliebten social medias werden spekulative Informationen zugeführt.
Gleichzeitig manövrieren sich jedoch die Autoren und Erfinder der Lügen selbst in eine Sackgasse, aus der sie nicht rauskommen.
So war die „Lügen-Logik“ in Bezug auf den Abschuss der MH 17 über dem Donbass: In diplomatischen Kreisen wurde der Vorfall von russischer Seite als Unfall zwar zugegeben, jedoch nicht offiziell als solcher publiziert.
Hätte die Kreml-Führung ihn zugegeben, wäre dies ein Gegenbeweis zu seiner Behauptung, dass es keine russischen Streitkräfte im Donbass gibt.
Im Falle des Giftgas-Anschlags auf Skripal in Salisbury ist ein Grund dafür – logischerweise – die Behauptung, es gäbe keine russischen chemischen Waffen mehr, möglicherweise hätten westliche Spione welche in den 90-er Jahren gestohlen. Gewisse CW-Bestände gibt es sicher – auch in den USA.
Dann wäre es jedoch so, wie Theresa May von britischer Seite her behauptet, nämlich ein Bruch mit der 1997 unterzeichneten Konvention für die Beseitigung der Chemischen Waffen: Die RF-Verantwortlichen hatten einige Jahre nach der Unterzeichnung der CW-Konvention im Jahre 1997 dem OPCW in Den Haag deklariert, alle CW* zu vernichten. Nowitschok ist dort jedoch nicht registriert…..Etwa 96% der Gift-Stoffe seien vernichtet worden.
*Vor Ende der UdSSR haben die dortigen Experten sog. binäre Nervengifte entwickelet – bei denen zwei eher harmlose Substanzen erst beim Einsatz gemischt werden. Daher de facto kaum kontrolierbar….. so wie nun in Syrien.
Der Artikel in FAZ am 24.3. – S.6 von Lorenz Hemicker und R. Veser: „Darauf kann man Gift nehmen“ erklärt sachlich und ausführlich die Situatiion um CW-„Nowitschok“-= Neuling –im Kontext zum Anschlag in Salisbury- GB
Archiv der Kategorie: Moskau
Putin testet NATO
„Wladimir Putin testet die Reaktionsfähigkeit der NATO und versucht sie – uns – einzuschüchtern.“
„ Bemerkenswert, dass die Russen offenbar den Luftraum verletzt haben. Bisher haben sie immer nur provoziert, indem sie hart an die Grenzen geflogen sind. War natürlich wieder ein Testen der NATO-Bereitschaft. Aber passiert ist nicht viel: offenbar ist mit „Abfangen“ nur „Identifizieren“ gemeint …“
Nato-Jets fangen russische Überschallbomber ab
Belgische Kampfflugzeuge haben bei einem Abfangmanöver über der Nordsee zwei russische Überschall-Bomber identifiziert, die auch mit Atomwaffen bestückt werden können.
Die russischen Flugzeuge vom Typ TU-160 Blackjack seien am Montag in einem Gebiet unterwegs gewesen, das zum Überwachungsgebiet der Nato gehöre, teilten die belgischen Luftstreitkräfte mit. Auch die eigenen Abfangjäger vom Typ F-16 seien bei dem Einsatz mit Überschallgeschwindigkeit geflogen. Nach Angaben des britischen Verteidigungsministerium wurden die russischen Bomber auch von Kampfflugzeugen der britischen Luftwaffe identifiziert.
Einer der russischen Überschallbomber vom Typ Typ TU-160 Blackjack auf einer Aufnahme der britischen Luftwaffe. Bild: Keystone/Royal Air Force via AP
Kampfflugzeuge aus Nato-Staaten fliegen jährlich Hunderte Einsätze zur Identifizierung und Überwachung russischer Flugzeuge, die im internationalen Luftraum unterwegs sind. Bei den sogenannten Alarmstarts müssen die Piloten mit ihren Jagdflugzeugen innerhalb von wenigen Minuten in der Luft sein, um zum Beispiel durch Sichtkontakt festzustellen, ob von einem verdächtigen Luftfahrzeug eine Gefahr ausgeht.
<image003.jpg>Belgian Air Force<image004.png>
Ce matin, 2 #F16 @BeAirForce ont intercepté 2 bombardiers russes Blackjack au dessus de la Mer du Nord dans la zone de responsabilité néerlandaise de l’espace aérien #NATO. Grâce au vol supersonique, les #F16 belges ont pu mener à bien leur mission, garantissant votre #securite .
Die Vorbereitung der militärischen Intervention in der Tschechoslowakei 1968 durch die Sowjetunion
Die Reformbewegung in der Tschechoslowakei 1968, auch Prager Frühling genannt, hat die Sowjetunion und ihre Bündnispartner, vor allem die DDR, beunruhigt. Die Sowjetunion fühlte ihre sozialistische Ideologie und ihre Machtbasis durch diese Reformen bedroht und verfolgte seit April 1968 eine Doppelstrategie: Sie versuchte einerseits durch Propaganda und Verhandlungen mässigenden Einfluss auf die tschechoslowakische Partei und Regierungsführung auszuüben, und andererseits hat sie seit April 1968 eine militärische Intervention vorbereitet. Im Westen der Sowjetunion wurden militärische Einheiten zusammengezogen und in der Tschechoslowakei fanden Militärmanöver mit der tschechoslowakischen Armee statt, wobei der Rückzug der sowjetischen Einheiten sich immer wieder verzögerte. Dabei ging es einerseits um die eigenen Einheiten in Bezug auf Mobilität und Kampfkraft zu testen, und andererseits die tschechoslowakische Armee bezüglich Bereitschaft und Reaktion auf eine eventuelle sowjetische Invasion einzuschätzen. Der Entscheid militärisch zu intervenieren erfolgte auf höchster politischer Ebene nach Abwägung aller Risiken und nach aus ihrer Sicht erfolglosen politischen Konferenzen in Karlovy Vary und Cierna n.T. Für die minuziöse Vorbereitung und reibungslose Durchführung der Intervention war General Alexander Majorow verantwortlich. Er ist als Kommandant der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte Mitte bis 1972 in der CSSR geblieben. Die Intervention stiess auf einhellige Ablehnung der ganzen Bevölkerung der CSSR, sie bedeutete für die UdSSR einen riesigen Imageverlust als sozialistisches Vorbild und einen irreparablen Schaden der ‚friedlichen‘ Aussenpolitik. Im Weiteren führte die nachfolgende Status-Quo Politik zur politischen und wirtschaftlichen Stagnation nicht nur in der CSSR, sondern im ganzen Ostblock, allem voran in der UdSSR, und gipfelte in 1990 im Zusammenbruch des ganzen sozialistischen Systems. General A. Majorow war Kommandant der 38. Armee im Westlichen Militärbezirk der UdSSR und Kommandant der Interventionstruppen des Warschauerpaktes in der CSSR im August 1968. Er schrieb mit Wladimir Wedrasko das Buch ‘Invaze’ (Invasion), Tschechoslowakei 1968. In diesem Buch beschreibt er sowohl die militärischen Vorbereitungen als auch die politisch-militärische Koordination auf höchster politischer Ebene. Dieses Buch ist nicht mehr in Russland, sondern nur in der Tschechisch: Republik in Prag erhältlich.
Georg Vancura, August 2017.
Giftgasangriff in Syrien: Folgen
Giftgasangriff in Syrien und seine Folgen
Der Giftgasangriff in Syrien gegen die eigene Bevölkerung zeigt einmal mehr die fast vergessene Wortbrüchigkeit und Brutalität Assads. Eigentlich dürfte Syrien keine chemischen Waffen mehr besitzen, sie sind alle offiziell vor Jahren unter internationaler Aufsicht vernichtet worden,um sowohl deren Gebrauch durch Assad als auch durch die Aufständischen zu verhindern.
Zum anderen zeigt die weltweite Verurteilung Assads klar, dass sein rücksichtsloses Vorgehen nicht ohne weiteres und sprachlos hingenommen wird. Warum Assad zu den chemischen Waffen gerade jetzt nach den Erfolgen in Aleppo griff, bleibt unklar. Er schwächt damit seine Verhandlungsposition massiv.
Das bekannte russische Verhalten im UNO Sicherheitsrat und die Verurteilung des amerikanischen Angriffs zeigen, dass Russland nach wie vor Assad unterstützt.Russland hat mit seinem Veto eine unabhängige Untersuchung in Syrien verhindert, wie auch bereits in anderen Fällen in Georgien und beim Flugzeugabsturz in der Ukraine.
Neu ist aber die amerikanische Reaktion mit dem gezielten Abschuss von 59 Marschflugkörpern auf den Militärflughafen bei Homs, von welchem aus der Chemieangriff geführt wurde.
Russland wurde 1,5 Stunden vor dem begrenzten Angriff durch die USA informiert und gab sehr wahrscheinlich eine entsprechende Warnung an Assad weiter.Durch diese Kommunikation wird die Bedeutung der amerikanisch-russischen Diplomatie sichtbar. Die Regierung Trump markiert mit diesem begrenzten Angriff ihre Entschlossenheit zu reagieren im Fall einer Überschreitung der ‚roten Linie‘. Darin unterscheidet sie sich von der verhandlungsorientierten Aussenpolitik Obamas. Zu dieser Änderung dürfte auch der neue Sicherheitsberater des Präsidenten, General H.R. McMaster, mit seiner Erfahrung beigetragen haben.
Der russische Aussenminister S. Lawrow und sein amerikanischer Kollege R. Tillerson werden im direkten bilateralen Gespräch ihre Strategien gemeinsam besprechen und klären könnenund hoffentlich den Weg für eine internationale Untersuchung ebnen. Zudem sollte auch eine gemeinsame Position gegenüber Syrien sowie dem IS gefunden werden.
Ob die zeitliche Koinzidenz des Angriffs mit dem Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jiping in den USA zufällig war, oder ob der Angriff als eine Warngeste gegenüber Nordkorea zu verstehen ist, kann jetzt nicht beantwortet werden.
Ein amerikanischer Flottenverband nahm jedenfalls Kurs von Singapur aus Richtung koreanische Halbinsel auf.
Georg Vancura
100 Jahre Russische Revolution
Prof. Gerhard Simon schreibt für das Forum Ost-West
1917 – 2017 : 100 Jahre Russische Revolution.
Ein Grund zum Feiern?
Jahrzehntelang haben uns die 1917 siegreichen Bolschewisten weißgemacht, die „Große Sozialistische Oktoberrevolution“ sei das größte Ereignis der Weltgeschichte gewesen. Gäbe es die Sieger von damals und die von ihnen geschaffene Sowjetunion heute noch, man möchte sich gar nicht vorstellen, in welchen Taumel des Triumphs sie sich und ihre Umwelt zum hundertjährigen Jubiläum versetzt hätten. Wenigstens das bleibt Russland und seinen Nachbarn jetzt erspart. Zwar sind in Russland die Stimmen derjenigen, die in der Revolution von 1917 eine schreckliche Tragödie für ihr Land und die Welt sehen, noch immer selten, aber auch das Triumphgeheul, das bis Mitte der 1980er Jahre die Tonlage bestimmte, gibt es nicht mehr.
Das offizielle Russland unter Putin steht der Revolution mit einer merkwürdigen Ambivalenz gegenüber. In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist ein eklektisches Geschichtsbild vom großen, siegreichen Russland gezimmert worden. Darin werden alle siegreichen Helden des Vaterlandes versammelt: Alexander Newski, Iwan der Schreckliche, Katharina die Große, Lenin als Sieger nach 1917, Stalin als der Sieger von 1945. Eine besondere Vorliebe haben die Historienbildner merkwürdigerweise für den Zaren Alexander III., vielleicht weil er körperlich so groß und stark war, und wie der Schauspieler und Regisseur des russischen Ruhms Nikita Michalkow aussah, der ihn unnachahmlich in den Filmen verkörpert.
In diesem eklektischen Geschichtsbild erhält auch die Revolution ihren Platz. Sie ist nicht mehr das größte Ereignis der Menschheitsgeschichte, sondern eine Phase der Wirren (Smuta) zwischen den glorreichen Zeiten des russischen Kaisertums vor 1917 und der Periode der Weltmacht Sowjetunion, die ihre größte Entfaltung nach 1945 erlebte.
Das offizielle Russland hat das Pathos im Zusammenhang mit dem hundertjährigen Jubiläum deutlich gesenkt. Putin setzte im Dezember 2016 ein Komitee zur Organisation des Jahrestages ein; nicht einmal von Feiern war in der Verordnung die Rede. Tatsächlich hat die Putin-Führung in den letzten Jahren einen Groll gegen den wichtigsten Macher des Roten Oktober entwickelt, gegen Lenin. Das hängt unmittelbar mit den militärischen Konflikten mit der Ukraine seit Frühjahr 2014 zusammen. Lenin und der bolschewistischen Nationalitätenpolitik wird vorgeworfen, der Ukrainischen Sowjetrepublik unbegründet den Donbass und überhaupt den Osten und Süden der Ukraine, die sprachlich und mental Russland seien, zugeschlagen zu haben. Chruschtschow habe dann dieser antirussischen Politik die Krone aufgesetzt und auch die Krim der Ukraine „geschenkt“.
Inzwischen hat Putin seine Kritik an Lenin verschärft und ihn für den Untergang der Sowjetunion verantwortlich gemacht. „Die Autonomisierung“ der nationalen Territorien der Sowjetunion habe zum „Untergang der Sowjetunion“ geführt, erklärte er im Januar 2016. „Man hat eine Atombombe unter das Gebäude gelegt, das Russland heißt. Die ist dann später hochgegangen“.
Der Sowjetföderalismus war zweifellos eine der langfristigen Ursachen für das Ende der Sowjetunion. Allerdings könnte es sein, dass ohne die Konzessionen an die nichtrussischen Völker nach 1917 die Sowjetunion überhaupt nicht entstanden wäre und das Russische Reich damals endgültig zerfallen wäre wie andere Vielvölkerreiche nach dem Ersten Weltkrieg. Man kann darin kontrafaktisch und mit Sicherheit im Gegensatz zu Putin eine positive Entwicklungsmöglichkeit sehen, die nicht Realität geworden ist.
Conflit ukrainien : les Etats-Unis condamnent le comportement agressif de la Russie
Les Etats-Unis ont dénoncé, lors d’une séance du Conseil de sécurité début février, le « comportement agressif » de la Russie dans le conflit ukrainien et considèrent l’évacuation de la Crimée comme une condition sine qua non de la levée des sanctions contre Moscou.
Cette prise de position de Nikki Haley – nouvelle ambassadrice des Etats-Unis auprès de l’Organisation des Nations Unies (ONU) – étonne, à un moment où le nouveau président américain Donald Trump nourrit des objectifs de rapprochement avec le Kremlin.
Les Etats-Unis désirent à terme une amélioration des relations avec Moscou, mais la situation en Ukraine réclame « malheureusement » une « claire et forte » condamnation du comportement russe dans la région, selon Nikki Haley.
La nouvelle ambassadrice estime que les conditions de l’accord de Minsk de 2015 doivent pleinement se concrétiser et qu’un rapprochement entre Washington et Moscou ne doit pas se faire au détriment des relations établies entre l’Ukraine et les Etats-Unis. Ainsi, Washington continuera à soutenir la mise en œuvre de l’accord de Minsk II, dans la lignée de ce qui a été fait sous l’ère du président Obama.
Le président Donald Trump et son ministre des affaires étrangères, Rex Tillerson, ont considéré jusque-là une levée ou un assouplissement des sanctions contre Moscou comme partie prenante d’un rapprochement avec la Russie. Mais la prise de position de Nikki Halley démontre officiellement que Washington est prêt à durcir le ton face au Kremlin en ce qui concerne le conflit ukrainien.
Malgré le cessez-le-feu, le Donbass vit actuellement des combats meurtriers entre forces gouvernementales ukrainiennes et séparatistes. Kiev craint qu’un rapprochement envisagé entre Moscou et Washington n’oblitère les liens établis entre l’Ukraine et les Etats-Unis. A l’époque du président Obama, les Etats-Unis n’ont eu de cesse de soutenir militairement et financièrement la lutte de l’Ukraine contre les séparatistes pro-russes du Donbass.
L’ambassadeur ukrainien auprès de l’ONU, Volodymyr Eltchenko, a attaqué verbalement la délégation russe lors de la séance du Conseil de sécurité du 2 février dernier : « Est-ce que l’on peut décemment croire que les missiles et les obus d’artillerie dans le Donbass poussent sur des arbres ? (…) La confrontation armée pourrait facilement être stoppée si Moscou arrêtait d’envoyer des mercenaires armés dans les Donbass ».[1]
Frédéric Steputat, comité directeur du Forum Ost-West, ce 16 février 2017.
[1] Pour autant que les mercenaires puissent trouver d’autres sources de rémunération : la guerre est bien souvent, pour eux, le seul moyen de gagner correctement leur vie (selon le Dr. G. Dobrovolny, directeur du Forum Ost-West).
Moskau: Gedenken an getötete JournalistInnen
Der kritische Journalismus in Russland ist nicht tot – jedoch 360 JournalistInnen sind in Russland seit 1990 bei der Ausübung ihrer Arbeit ums Leben gekommen. Sie haben Missstände aufgedeckt oder waren „zu kritisch“ .
„Es wurde ruhig im Moskauer „Haus der Journalisten“, als die Teilnehmer einer internationalen Medienkonferenz ihrer getöteten russischen KollegInnen gedachten. An der jedes Jahr abgehaltenen Gedenkfeier anwesend waren auch zahlreiche Verwandte der ermordeten Journalisten. Deren Portraits sind als Fotogalerie ausgestellt.
Darunter auch die im Ausland bekannte Anna Polytkowskaya, die für die Zeitung „Novaya Gazeta“ über die Kriege in Tschetschenien berichtet hatte und am 7. Oktober 2006 in Moskau erschossen wurde. Polytkowskayas Killer wurden verurteilt, ihre Auftraggeber blieben straflos……….“ Roman Berger, Januar 2017
Flitterwochen Washington – Kreml? Ein Interview in Budapest
Figyelö 2017/2 WIRTSCHAFT UND POLITIK – Interview vom 7. Januar 2017
GEORG DOBROVOLNY – „ Ich glaube nicht an eine dauerhafte Versöhnung zwischen Russland und Amerika, bzw. dem „Westen“- vor allem wegen der unberechenbaren russischen Innenpolitik“ – hat der Gründer und Direktor des schweizerischen Forums Ost–West unserer Zeitschrift erklärt.
- Edit Inotai: Es scheint, dass durch die Wahl von Donald Trump die russisch-amerikanischen Beziehungen besser werden könnten. Was meinen Sie, ist es eine gute Nachricht für Europa?
An sich schon, aber man muss berücksichtigen, dass die Vereinigten Staaten und Russland selten miteinander direkte Konflikte haben, die Amerikaner wollen sich grundsätzlich nicht in das russische Einflussgebiet einmischen. Trotzdem glaube ich nicht an Flitterwochen mit dem Kreml, weil in der Regierung von Trump zu viele ex-Generäle, ehemalige sog. Falken sind. Die anfänglich gute Laune kann schnell umkippen, wie wir es in den letzten Jahren beobachten konnten: Mit Barack Obama hat es zuerst auch gut angefangen, sogar an der Winterolympiade in Sotschi war die O-W-Stimmung noch positiv. Trotzdem, kaum einen Monat später hat sich dies mit der Besetzung der Krim alles auf einen Schlag geändert.
- Laut den Russen war das nur die Antwort auf das EU-Assoziierungs- abkommen und darauf, dass die westlichen Länder laufend in die russischen Hoheitszonen vorwärtsrücken.
Nicht ganz. Hinter der Intervention in der Ukraine steckten in erster Linie innenpolitische Gründe: Zu dieser Zeit gab es eine deutliche Unzufriedenheit gegenüber Vladimir Putin, dessen Macht z.B. von den nackt auftretenden Frauen (Pussy Riot) verspottet wurde. Die demografischen Angaben in Russland sind tragisch, auf dem Kaukasus wächst die muslimische Präsenz und im ganzen Land ist die versprochene Modernisierung ausgeblieben. Was kann eine Regierung in einer solchen Situation bieten? Patriotismus statt Wohlstand.
Laut Meinungsumfrage hat sich diese Taktik bewährt, Putins Popularität ist gewachsen.
Glauben Sie nicht an diese Umfragen. In Russland kann man heute keine unabhängige und objektive Umfrage anfertigen. Man müsste wissen, auf welcher Seite die russ. Jugendlichen stehen, wenn sie es erkannt haben, dass die ältere Generation – welche noch an eine Grossmachttheorie glaubt – das aus den Rohstoffvorkommen stammende Vermögen aufgebraucht hat. Was bleibt für sie übrig? Und noch etwas: In den östlichen Teilen des Landes gibt es keinerlei positive Entwicklungen, obwohl die richtige Herausforderung die Russen aus dieser Richtung treffen wird. Die Herausforderung und Gefahr droht viel eher von China als vom Westen, trotzdem hört man kaum davon, während Letztere ständig von den Kreml-Sprechern als Gefahr erwähnt wird.
- Der russische Präsident kommt am 2. Februar nach Budapest, das wird innert 2 Jahren das dritte Orbàn–Putin Treffen. Sie als mährischer Dissident, der in 1968 die Tschechoslowakei verlassen hat, wie erklären Sie sich, dass die mitteleuropäischen Mitgliedstaaten der EU, welche die russische Herrschaft – und die Unterdrückung ihrer Revolutionen, die Besetzung – eigens erfahren konnten, nun einer nach dem anderen die Nähe Russlands suchen?
- Der Krieg in der Ukraine und die russische Politik stellen auch für den Westen und vor allem für Europa eine ernsthafte Herausforderung dar. Die Kreml-Gruppe testet, wie standhaft wir sind. Die neuen EU-Mitgliedstaaten können sich sichtlich nicht entscheiden, auf welcher Seite sie stehen sollten. Sie weisen eine typische Opfermentalität auf: Sie lauern auf eine neue Aggression und versuchen, sich darauf vorzubereiten. In dieser Region ist der Einfluss der postsowjetischen Netze recht stark. Milos Zeman (tschechisches Staatsoberhaupt) ebenso wie sein Umfeld haben vor dem Systemwechsel 1990 in dem Prognostischen Forschungsinstitut gearbeitet, das noch von Jurij Andropov, dem ehemaligen Generalsekretär der KPdSU gegründet wurde. Auch Vaclav Klaus stammt aus diesen Kreisen. Die wichtigsten Lieferverträge der Energieversorgung wurden mit den Russen in Prag in der Durchgangszeit abgeschlossen, als Zemans Einfluss gerade zugenommen hatte. Das auch als Alkoholiker verspottete Staatsoberhaupt ist übrigens kein Dummkopf und ein richtiger „Entertainer“, er bietet dem Volk Unterhaltung und schickt die EU gerne heim. Vor kurzem hat er vor einer chinesischen Delegation gesagt, er hoffe, „Sie werden uns von der EU befreien“. Die geschockten Chinesen haben ihn daran erinnert, dass die Staaten dieser Region eigentlich gerade deshalb für sie interessant sind, weil sie Mitglieder der EU sind. Zeman macht gerne solche Sprüche, obwohl diese in der heutigen Zeit der Telekommunikation, wo alles in Windeseile in den Medien verbreitet wird, ziemlich riskant sind.
- Zurückkommend auf Ihre Frage: die tschechischen Jugendlichen wissen immer noch überraschend wenig über 1968, über den Kommunismus und dessen Opfer. Lange Zeit haben auch die Familien darüber geschwiegen. Mein Vater z.B. war 10 Jahre lang Zwangsarbeiter in einer Uranmine (für den Bau der Stalin-Bombe) im Erzgebirge an der deutschen Grenze, aber darüber hat man sogar nach der Wende kaum ein Wort verloren. Heutzutage, wenn junge Verwandte uns in der Schweiz besuchen, wird gefragt, wie das eigentlich damals war. Übrigens typisch für die Einstellung zu dieser Region ist: vor kurzem hat die russische Duma in einer Resolution für die heutigen Veteranen aus dem damaligen Einsatz gegen den Prager Frühling Entschädigungen zugesagt mit der Begründung, diese hätten den Ausbruch des dritten Weltkrieges verhindert. Ist das nicht haarsträubend?
- Im Osten hat sich die Lage nicht viel verändert, aber wie sehen Sie aus der Schweiz die Europäische Union? In Betracht der verschiedenen Krisen könnten Schweizer sogar froh sein, dass das Volk mit der Abstimmung 1992 den Beitritt zum EWR abgelehnt hat?
- Die Schweiz ist wirtschaftlich sogar mehr als die meisten europäischen Staaten in der EU integriert, politisch jedoch nicht. Das bedeutet bedauerlicherweise, dass wir in der Schweiz nicht in die EU- Entscheidungen involviert sind, die Folgen aber zu spüren bekommen. Das nennt man den „autonomen Nachvollzug“ Nach der Ablehnung des EWR-Beitritts am 6. Dezember 1992 (mit nur 21‘000 Mehrstimmen) haben Schweizer Firmen ihre Produktion ins EU-Ausland verlegt und in die EU-Optionen investiert. Diesen kostspieligen Weg empfehle ich niemandem.
VISITENKARTE
- Der 73 jähriger Experte ist Gründer (1994) und Leiter des schweizerischen Forums Ost-West
- Früher war er als Berater einer Gruppe für wirtschaftliche Entwicklung in Europa sowie als Leiter des EIC in Zürich tätig.
- Zuvor hat er im Schweizerischen Aussenministerium und im „Institute for International Finance“ in Washington gearbeitet.
- An der Universität St. Gallen, wo er Assistent von Prof.Ota Sik war, hat er promoviert.
- Am 10. September 1968 hatte er die von der Sowjet. Arme okkupierte Tschechoslowakei verlassen.
Interview: Edit Inotai
Budapest, den 7. Januar 2017
Putin-Trump: Alles bleibt beim Alten
Der Link Putin-Trump – von den Medien hochstilisiert –hat zwar seine Berechtigung: Die beiden sind sich jedoch nie begegnet, haben nur Nettigkeiten über die Medien ausgetauscht. Mit dem Amtsantritt von Trump im Januar 2017 beginnt eine Zeit der Realpolitik.
Hier veröffentlichen wir einen Kommentar von Maxim Trudolybov zu den Reaktionen in Moskau:
MAXIM TRUDOLYUBOV schreibt: On the face of it, Russia is one of the few countries in the world that would have welcomed a triumph of Donald Trump, the U.S. president-elect. But the day of Russia’s first reactions to the news from the U.S. made me think that the Kremlin was not really sure it needed a Trump win. More likely it needed a Trump loss.
Some Russians are big Trump enthusiasts, international polls suggest. If other countries could help choose an American president, Russia’s vote would have been for Donald Trump. Of six major non-U.S. states polled by the survey company Pollfish in late October, Russia was the only one giving more support to Trump than to Hillary Clinton, the Democratic Party’s candidate.
But this is probably a reflection of the heavily pro-Trump coverage Russian audiences have been fed on a daily Basis.
….no other news made it onto the three major news channels’ prime-time segments: Channel One, Russia One, and NTV were talking only about Trump, Clinton, and President Vladimir Putin’s early cable of congratulations. “Russia is ready and looks forward to restoring bilateral relations with the United States,” Putin said in his message.
The Duma MPs applauded when they heard the news of Trump’s electoral triumph during a plenary session. Russia’s most famous pro-Kremlin politicians (other kinds are not invited to be on the major networks) welcomed the Trump win. The communist Gennady Zyuganov said President Trump would “make life easier for Russia.” The veteran populist Zhirinovsky was reported to have thrown a celebration party in the Duma, Russia’s lower house of parliament.
And yet it was clear yesterday that the Clinton upset was as much of a surprise for the Russian elites as it was for the establishments in many other countries.
Konstantin Kosachev, chairman of the International Relations Committee of the Federation Council, the upper house of parliament, told Russia One that he did not expect Trump to win because he “went against the system.” “And the Americans have taught me that the system always prevails,” Kosachev was quoted as saying. “The system” is an important term in the Russian political vocabulary. This vague word usually refers to a combination of direct and indirect influence that the government institutions, media, and punditry have over society. A clever system, in the Russian establishment’s view, is the one that can keep its grip on power while holding elections and paying lip service to other democratic institutions. Many in Moscow are convinced that this is how the U.S. system works and that this is what Russia has to learn from the Americans: the system should always prevail.
My reading of Moscow’s reactions is that the Kremlin only needed Trump as a good story, not as a real counterpart to Putin. Trump the underdog who went against the system and failed would be a protagonist in a saga of a rigged election. Dmitry Kiselev, a journalist often considered Russia’s propagandist-in-chief, was saying last week that the presidential campaign was bound to produce a “lame-duck president since day one.”
“Democracy R.I.P.,” Margarita Simonyan, editor-in-chief of RT, tweeted on election night. Simonyan meant that while Clinton was winning, democracy was losing. She later wrote that she had lost a crate of beer on the Trump win.
I would not be surprised to learn that Russia’s state media were preparing a campaign built around Trump’s earlier “rigged election” claims. It would make perfect sense as retaliation for Hillary Clinton’s statements five years ago that the Russian parliamentary election of 2011 was “neither free, nor fair.” That comment was said to have infuriated Putin, who said at the time that Clinton, by questioning the fairness of the Russian electoral system, signaled to certain actors within Russia to start an anti-government protest.
The real Donald Trump as president is as enigmatic a figure for the Kremlin as he is for anyone. “What we have heard Trump saying about Russia was campaign rhetoric,” Kosachev, the Federation Council member, said yesterday. “I would expect this rhetoric to tone down in the coming months….
Right now we should not change anything in our policies toward the U.S.”
The Russia File -a Kennan Institute Blog- also По-русски– BY MAXIM TRUDOLYUBOV
Trump President: Ein Schweizer Kommentar aus Moskau
Daniel aus Moskau schreibt dem Forum Ost-West:
Unter meinen russischen Freunden und Kontakten herrschte in Moskau die auch in der Schweiz verbreitete Meinung, dass beide Kandidaten zu alt sind.
Putins Anhänger haben Donald Trump vorgezogen- dadurch zu erklären, dass Hillary Clinton in Russland einen schlechten Ruf hat. Im russischen Fernsehen wurde ja behauptet, dass Hillary die Maidan-Demonstranten finanziert hat.
Die russische Propaganda zieht Trump offensichtlich vor, weil er gegenüber Obama und Clinton den Vorteil hat, dass man dem Zuschauer einen “reset” ohne offensichtliche Widersprüche darstellen kann, auch wenn dieser “reset” einseitig erfolgen sollte. Die Sexismus Vorwürfe haben in Russland das Ansehen von Trump wohl eher gesteigert, nicht nur bei russ. Männern.
Ich nehme an, dass man sich in Russland die Optionen offen halten will: Ein “reset” – auch ein einseitiger seitens der Russen – ist aber meines Erachtens eher unwahrscheinlich, weil man
- innenpolitisch auf das Feindbild USA (mit den europäischen Lakaien) wohl noch zu sehr angewiesen ist und
- die russische Wirtschaft wohl mehrheitlich für Protektionismus ist. Man darf nicht vergessen, dass ein WTO-Beitritt in Russland sehr lange umstritten war und schlussendlich nur mit lauwarmem Interesse erfolgte.
Auch auf westlicher Seite gibt es zudem zunehmend Unternehmen, die von den russischen Gegensanktionen und der russischen Lokalisierungspolitik profitieren, also auch eher daran interessiert sind, dass sich die Lage nicht fundamental ändert.
Polnische Bauern exportieren keine Äpfel mehr nach Russland, aber deutsche Unternehmen Futtermittel für Hühner- und Schweinemästereien und bauen Schlachthöfe in Russland.
Mit besten Grüssen
Daniel aus Moskau