Archiv der Kategorie: Analyse

Greifen die Sanktionen des Westens ?

Manche fragen sich, ob und wie „die Sanktionen des Westens“ greifen. Dazu hat unser Mitglied vom wissenschaftlichen Beirat des Forums Ost-West, Herr Peter Havlik vom Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche  – WIIW – eine Studie verfasst. Sein Fazit ist:

„Die Konjunktur der russ. Wirtschaft hat sich bereits vor der Krise in der Ukraine verschlechtert.

Die sog. westlichen Sanktionen werden das Investitionsklima zusätzlich beeinträchtigen.

Die Annexion der Krim wird die RF-Kasse zusätzlich belasten….ebenso die Kapitalflucht.

Heute gelesen: Die EU habe ein Paket für die Ukraine in Höhe von 365 Millionen Euro zugesprochen – A. Jazenjuk mit Barroso in Brüssel

Wie gross und wertvoll sind die Gasfelder auf der Krim bzw. off shore ? – Nicht sehr gross, für Krim innerhalb Russlands auch nicht besonders wichtig. Umweltgefahren. Der Tourismus sollte finanziell eine grössere Rolle spielen als das Gas.“

Unsere Ergänzung: Es besteht die „Gefahr“, dass der Kreml die Schuld für die Wirtschaftskrise „dem Westen“ in die Schuhe schiebt.

Mit besten Grüssen

Georg J. Dobrovolny, Dr. oec.

 

 

Ein Stein des Anstosses für Moskau: Das geplante Assotiationsabkommen der EU mit der Ukraine

Eine Textanalyse des Forums Ost-West

Durch ein Seilziehen zwischen der EU und Moskau hat sich der Funke zum Konflikt mit der Ukraine entzündet. Es kursieren bzw. kursierten in Russland Gerüchte wie: Der Entwurf dieses Abkommens umfasse auch eine militärische Zusammenarbeit der Ukraine mit der Nato. Dies entspricht jedoch nicht der EU-Usanz. Solche Texte sind allen Profis – auch in Moskau und Kiew längst bekannt.

Was steckt wirklich dahinter? Dies haben wir genauer angeschaut. Unser Fazit:

1. Ein Freihandelsabkommen –FHA- mit der EU schliesst nicht aus, dass die Ukraine auch mit anderen Partner, wie zum Bsp. mit der Russischen Föderation, ebenfalls ein FHA aushandeln und abschliessen kann. Im Unterschied dazu würde ein Beitritt zu der von Moskau initiierten Zollunion – nach dem überholten Vorbild der Deutschen Zollunion aus dem 19. Jhrdt. – bedeuten, dass Kiew nicht mehr souverän mit anderen Staaten – wie z.B. mit China verhandeln darf.

2. Die EU hat jahrelang die Avancen von Kiew aus nicht beachtet, zuletzt wegen der damals verhafteten Julia Timoschenko.

3. Die Kreml-Herren haben  dann fünf vor zwölf der Ukraine einen Kredit von ca. 12 Mrd $ offeriert, verbunden mit der Aufforderung, die EU-Offerte auszuschlagen.

4. Der damaliger Präsident Janukowitsch ging darauf ein. Die Folge davon: Das Volk protestierte monatelang friedlich auf dem Maidan in Kiew.

Daher haben wir besonders den Teil III des Entwurfs des Assoziationsabkommens EU-Ukraine analysiert, welcher den Themen Justiz, Freiheit und Sicherheit gewidmet ist.

Dort sind wir auf zwei Artikel gestossen – 16 und 23 – , welche aus Moskauer Sicht womöglich beanstandet werden könnten. Die EU könnte der Ukraine helfen, ihre Ostgrenze zu Russland besser zu sichern und die Terrorismusabwehr zu verstärken.

Sonst haben wir bei diesem Entwurf zu diesem Assoziationsabkommen nichts gesehen, was mit Sicherheit etc. zu tun hat – es ist ja primär ein Handelsabkommen. Die Kernkompetenz der EU ist Wirtschaft, inklusiv Soziales und Bildung sowie Handel, nicht Militär.

Den ausführlichen Text unserer Analyse finden Sie ab dem 13. Mai bei www.forumostwest.ch, Rubrik News.

Quelle für den Text des Abkommens: http://eeas.europa/ukraine/assoagreement/assoagreement-2013_en.htm

Zur Situation der Ukraine mit Fokus Odessa

Ein Bericht von Max Schmid über die Veranstaltung des Forums Ost-West

„Zur Situation in der Ukraine mit Fokus Odessa“ in  Bern am 24.4.2014

Im Zentrum unserer Veranstaltung stand die Ukraine und ihr Konflikt mit Moskau. Im Besonderen wollten wir im Gespräch  mit dem Schweizer Geschäftsmann Max Hilpert, der in Odessa  wohnt und arbeitet, die Stimmung in dieser südukrainischen  Stadt, erkunden.

Zuvor machte ich eine Einführung zum Thema Ukraine und Russland. Dies ebenfalls  aus einer  sehr persönlichen Erfahrung heraus.

Seit ein paar Wochen ist das Gespräch mit einigen meiner Moskauer Freunde schwierig  geworden. Mein bester Freund,  hatte immer eine kritische Haltung gegenüber dem Kreml und hatte auch keine Sympathie für den russischen Nationalismus – ganz im Gegenteil. Doch jetzt gehört er zu jener Mehrheit der russischen Bevölkerung die laut einer Umfrage des Levada-Zentrums die Politik von Präsident Putin auf der Krim und in der Ostukraine unterstützt. Deshalb streiten wir oft miteinander.

Für meinen Freund -wie für die meisten Russen – gibt es keine Zweifel, dass hinter der Revolution auf dem Maidan der Westen steht und dass die neue Regierung in Kiew illegal ist und von der extremen Rechten, sprich Faschisten, angeführt wird.

Aus westlicher Sicht war der Maidan eine Revolution der Würde, bei der es um Werte ging, die in der  Ukraine als europäisch  verstanden werden.

Mein russischer Freund und ich, wir leben jetzt in parallelen Welten. Das hat aus meiner  Sicht vor allem mit der einseitigen Information der Bevölkerung durch die russischen Medien zu tun, die jedem ins Auge sticht, der zurzeit russische TV-kanäle schaut. Dort ist seit Monaten eine Propaganda-Maschine am Laufen, die ihresgleichen sucht im Europa des 21.Jahrhunderts.

Andererseits – das zeigte sich auch in unserer Veranstaltung –  bestehen auch Zweifel an der Richtigkeit westlicher Politik gegenüber Russland. Nur: diese können bei uns frei geäussert und  kontrovers diskutiert werden. In Russland  gibt es praktisch keine kritische Öffentlichkeit mehr, die den Machthabern sagen könnte: „Jetzt ist genug!“. Im Gegenteil: Es herrscht eine triumphale Stimmung und die weitgehend kontrollierten Medien können sich von diesem Gefühl des Triumphes nicht lösen.

Die Zustimmung zu Präsident Putin erreicht mit 80 % (gemäss einer Umfrage des regierungsunabhängigen Levada-Zentrums) Rekordwerte: Mehr als zwei Drittel der russischen Bevölkerung unterstützen Putins Politik gegenüber der Ukraine und werfen dem Westen vor, den Konflikt in der Ukraine provoziert zu haben.

Aus seiner Sicht könnte Putin mit dem, was er durch die harsche Politik gegenüber der Ukraine bereits erreicht  hat, eigentlich zufrieden sein. Seinem eigenen Volk hat er  erfolgreich den Traum eines glorreichen Russlands verkauft und die revolutionäre Ukraine ist destabilisiert und geschwächt worden. Den Russen und anderen Völkern in der GUS hat er klar gemacht, dass mit Revolutionen à la Maidan nichts Positives  erreicht werden kann.

Im zweiten Teil der Veranstaltung hat Max Hilpert anschaulich geschildert,  wie unterschiedlich seine Mitbewohner in Odessa  auf die Ereignisse der letzten Monate reagiert  haben.

Mit Sympathien und Unterstützung für die Anliegen des Maidan  die einen, mit Angst vor dem angeblichen Chaos und mit Sympathie für Russlands Rolle die andern.  Besonders interessant sind die Aussagen eines wohlhabenden Odessiten, der Hilpert anvertraut hat, dass er mit seinen Freunden die Demonstranten auf dem Maidan finanziell unterstützt habe und der entschieden nicht der Meinung ist, die Unterstützung für den Maidan sei aus dem Ausland gekommen. Bemerkenswert war auch die Feststellung Hilperts, dass es zwar in Odessa viele gäbe, die den Maidan kritisch beurteilten und die neue  Regierung in Kiew ablehnten, dass aber in dieser faszinierenden Stadt am Schwarzen Meer, kaum jemand einen Anschluss der Süd- oder Ostukraine an die Russ. Föderation wünsche .

Die anschliessende Diskussion war sehr lebhaft. Es war viel Kritik an der Kreml-Politik zu hören, aber es  war eine differenzierte Kritik, die kaum von westlicher Selbstgewissheit getragen wurde.

Wie weit kann Russland gehen?

Dr. rer. pol. Stanislava Brunner,  Forum Ost-West   13.04.2014

In der Presse jagen sich Berichte über eine rasch wachsende Kapitalflucht aus Russland in der Grössenordnung von 65 Mrd.$ im ersten Quartal 2014 (so viel wie im gesamten Jahr 2013). Nicht nur die Russen sondern auch ausländische Investoren ziehen ihr Geld ab – wegen der generellen Unsicherheit über die geopolitischen Entwicklungen, bzw. der Unberechenbarkeit von weiteren russischen Massnahmen gegen die Ukraine – sei es wirtschaftlicher oder militärischer Natur.

Sowohl die Ratingagentur Standard&Poors als auch Fitch haben mit der Senkung des Ausblicks  negativ reagiert, Moody‘s stellte Russland unter Beobachtung. Bei Androhung weiterer Sanktionen seitens der EU und USA wird die Kapitalflucht anhalten,  die Investitionsbereitschaft sinken, der Rubel weiter schwächeln ( -6 % seit Februar 14) und die Refinanzierung an den internationalen Finanzmärkten wird sich für die russischen Unternehmen und den Staat verteuern.

Die Wirtschaftslage verschlechtere sich bereits vor der Krim-Krise. Im 2014 dürfe das BIP-Wachstum (laut der Weltbank) bis -1.8% sogar negativ werden. Die Inflation bleibt mit gegenwärtig 6.5% hoch. Zwar reagierte die Zentralbank mit Zinserhöhungen, doch die Verteuerung der Importe wegen der Rubelschwäche wirkt dagegen. Die Währungsreserven der russischen Zentralbank sind noch komfortabel: zwar sanken sie im Februar 2014 unter 500 Mrd. $, doch auch beim weiteren Sinken bis auf 350 Mrd. $ am Jahresende würden sie immer noch 6.6 Importmonate decken.

Der Ertragsbilanz war 2013 mit 1.6% des  BIP auf der sicheren Seite, die Situation könnte sich aber sehr schnell verschlechtern. Der Ölpreis als Wachstumsfaktor hat sich abgekoppelt: sollte der Ölpreis steigen – was im Moment angesichts einer schwächeren Nachfrage aus China und der hohen Lagerbestände in den USA nicht anzunehmen ist –  würde dies keine direkte Wachstumswirkung in Russland haben. Für Investoren sind Geopolitik und die Wachstumsaussichten wichtiger. Ein steigender Ölpreis dürfte zwar die  Staatseinnahmen erhöhen, doch in der Zahlungsbilanz würde ein Ölpreisanstieg durch den Kapitalabfluss neutralisiert.

Die höhere Belastung der Staatsfinanzen infolge steigender Verteidigungsausgaben und der Krim- Subventionen kann durch den positiven Einnahmeneffekt aus der Rubel Abwertung kompensiert werden. Sollten westliche Sanktionen zu niedrigeren Exporteinnahmen aus Öl- und Gasimporten führen, wäre Russland allerdings härter getroffen.

Wie weit kann Putin gehen mit den Drohungen, Gasexport durch Ukraine einzustellen?

Die EU kann kurzfristig die Waffe der reduzierten Gasimporte aus Russland kaum einsetzten. Die negativen Auswirkungen wären für die EU stärker zu spüren als für Russland. Doch mittel- und langfristig würde es Russland mehr schaden. Russland ist von den Erlösen der Gaslieferungen stärker abhängig als Europa vom Gas: die Einkünfte aus dem Öl- und Gasexport bilden mehr als die Hälfte des russischen Staatshaushaltes (Januar 2014 13.47 Mrd. $).

Also, wo ist die Schmerzgrenze für Putin?

Diese Frage kann nicht mit wirtschaftlichen Argumenten beantwortet werden. Die Frage ist eher, was kann er der Bevölkerung zumuten? Wie weit ist die zivile russische Gesellschaft entwickelt, um zu reagieren? Wie weit sind die EU und die USA bereit zu gehen mit ihren Sanktionen?

Wirtschaftsdaten Russland

2012      2013      2014

GDP % p.a.                                                         3.4          1.3          -1.0

Ölpreis (Ural crude)                                       110.8     108.3     107,2*

Budgetsaldo % BIP                                         0.4          -0.4        -0.3

Inflation % p.a.                                                 5.1          6.5          6.0

Währungsreserven Mrd.$                          537.6     509.6     484.0 **

Ertragsbilanzsaldo % BIP                              3.6          1.6          0.9

_________

*8.4.2014

** 4.4.2014

Datenquellen: Weltbank, Russische Zentralbank, WIIW (Wiener Institut für Wirtschaftsstudien)

Ukraine-Konflikt: Informationskrieg

Ukraine-Konflikt: Es tobt ein Informationskrieg

Im Konflikt um die Ukraine werden die Medien als Waffen eingesetzt. In Putins Russland ist das offensichtlich. Aber auch westliche Medien informieren selektiv und einseitig.

Von Roman Berger

Moskaus Fernsehnachrichten über die Ereignisse in der Ukraine und auf der Krim  sind eine Mischung von legitimen russischen Standpunkten, Halbwahrheiten und plumper Propaganda. Klare Worte dazu findet der bekannte russische Journalist Wladimir Posner, der am Staatsfernsehen Kanal 1 eine viel beachtete Talkshow moderiert: „Wer am russischen Fernsehen Nachrichten schaut, fühlt sich zurückversetzt in die heroischen Zeiten, als die sowjetische Armee die Krim und Sewastopol befreite.“ Und Posner fragt sich: „Wird hier die Oeffentlichkeit auf etwas vorbereitet, das letztlich in Gewaltanwendung enden wird ?“ Der  Journalist kritisiert aber auch die „selektive“ Berichterstattung in den amerikanischen und europäischen Medien. „Es findet eine Art neuer Kalter Krieg statt.“

Mutig reagierten zwei Moderatorinnen des von der russischen Regierung finanzierten englisch sprachigen TV-Senders „Russia Today“. Sie protestierten vor laufender Kamera gegen die Einseitigkeit der Berichterstattung .

„Russische Dichtung“ und Wahrheit

Ungewöhnlich reagierte auch das Aussenministerium in Washington. Es hat eine Liste der zehn grössten Unwahrheiten veröffentlicht, die der russische Präsident aus amerikanischer Sicht verbreitet. Die „Liste der Lügen“ ist ein Dokument des Misstrauens, das auch zeigt, wie gross die Furcht der USA vor einer Niederlage im Propaganda-Krieg ist. Seit Dostojewski, schreiben die Mitarbeiter des State Departement auf der Homepage des Aussenministeriums, habe die Welt nicht mehr eine solch „verblüffende russische Dichtung“ gesehen, wie Russland sie verwende, um sein „illegales Vorgehen“ in der Ukraine zu rechtfertigen. Unter dem Titel „President Putin`s Fiction“ werden zehn Aeusserungen Putins zitiert, in denen er den Einmarsch auf der Krim rechtfertigt – gefolgt von den Fakten, die er dabei aus Sicht der Amerikaner ignoriert oder verdreht.

Zum Beispiel: Putins Aussage, russische Truppen seien nur zum Schutz der russischen Militäranlagen auf der Krim und dortige Bürgerwehren hätten die Infrastruktur – und Militäreinrichtungen an sich gerissen, widerspricht Washington: „Russische Sicherheitsleute bilden den Kern des gut organisierten anti-ukrainischen Vorgehens, ohne Abzeichen, aber in russischen Fahrzeugen und mit Waffen, die nicht in die Hände von Zivilisten gelangen. Auf Nachfragen geben sie sich freimütig als Russen zu erkennen.“

Oder: Putin behauptet, das Vorgehen ist durch den ukrainisch-russischen Freundschaftsvertrag gedeckt. Die Position der USA: „Der Vertrag fordert von Russland, die territoriale Integrität der Ukraine zu respektieren. Der Vertrag wurde durch Russland gebrochen.“

Natürlich lügt Putin. Aber auch in Washingtons „Liste der Lügen“ werden Fakten zurecht gebogen oder ignoriert. So konstatiert beispielsweise die bekannte israelische Tageszeitung „Haaretz“, dass in der ukrainischen Uebegangsregierung fünf Ministerposten, darunter das Justizministerium und das Amt des Vizepremiers, durch Rechtsextreme mit eindeutig nazistischer Ideologie besetzt worden seien. Dieses für „Haaretz“ besonders beunruhigende Faktum sei auf der „Lügen-Liste“ des US-Aussenministeriums übergangen worden. Die israelische Zeitung ist mit einem Korrespondenten in der Ukraine vertreten.

 Kritik an Washingtons Doppelmoral

Undiplomatisch Klartext spricht Leslie Gelb, ein langjähriger Mitarbeiter für Aussenpolitik bei der „New York Times“ und später hoher Beamter im State Departement: „In Washington werden täglich heilige Prinzipien des Völkerrechts beschworen, die von den USA selber missachtet worden sind…Kein Experte der internationalen Politik erwartet von den USA oder Russland, dass sie auch praktizieren, was sie predigen.“ Gelb fordert seine ehemaligen Kollegen auf, „ihre Lügen und ihr selbstzerstörerisches sich in Positur setzen einzustellen“. Mit seiner beissenden Kritik (www.dailybeast.com) hat Gelb, der während zehn Jahren Präsident des elitären „Council on Foreign Relations“ war, beträchtlich Staub aufgewirbelt.

 

Seit dem wahrscheinlich vom russischen Geheimdienst abgehörten Telefongespräch von US-Vizeaussenministerin Victoria Nuland („Fuck the EU“) mit dem amerikanischen Botschafter in Kiew, Geofrey Pyatt, weiss die Welt, dass die USA seit der Unabhängigkeit der Ukraine 1991 mit der beachtlichen Summe von fünf Milliarden Dollars in diesem Land „Demokratieförderung“ und „Good governance“ unterstützt haben . Für Putin ist das eine Bestätigung: Die Demonstranten auf dem Maidan-Platz in Kiew wurden während Monaten bezahlt, die mit Molotowcocktails und Zielfernrohrgewehren ausgerüsteten Kampfbrigaden der Opposition wurden ausgebildet, um so die Gewaltspirale weiter anzutreiben.

Am russischen Fernsehen und Internet wird behauptet, Einheiten der US-Söldnerfirma „Academi“ (früher  Blackwater) seien in der mehrheitlich russisch sprechenden, von Unruhen heimgesuchten Ostukraine im Einsatz. Die aus den USA stammenden Söldner seien schon als Privatsoldaten im Irak, in Afghanistan und anderen Ländern eingesetzt gewesen.

Putin im Umfragehoch

Entscheidend für Putin ist nicht, wie er im westlichen Ausland sondern, wie er in Russland wahrgenommen wird. Laut Umfragen des regierungsunabhängigen Forschungszentrums Lewada befürworten die meisten Russen Putins Vorgehen auf der Krim. Die Unterstützung für den Präsidenten ist mit 68 Prozent auf dem höchsten Stand seit seiner Rückkehr ins Amt vor zwei Jahren. Das lässt sich mit der Propaganda des russischen Staatsfernsehens erklären. Die wenigen unabhängigen Informationsquellen stehen unter Druck oder werden geschlossen.

Trotzdem verfügt fast jeder Russe weiterhin über seine eigenen persönlichen Informationsquellen in der Ukraine und auf der Krim.  Fünf Millionen Ukrainer arbeiten und leben heute in Russland.  Jede russische Familie hat Verwandte oder Freunde in der Ukraine, die täglich miteinander kommunizieren. Nicht zu unterschätzen ist auch die in jahrzehntelanger Erfahrung entwickelte Fähigkeit der Bevölkerung, zwischen den Zeilen lesen zu können. Die russische Oeffentlichkeit ist immer noch im Stande, sich ihre eigene Meinung zu bilden.

Konzert der Mächte

„Über die weiteren politischen Aktionen Russlands kann im Moment wenig gesagt werden, ausser dass es sich auf der politischen Weltbühne mit Nachdruck zurückmeldet. Die bisherige dominante Stellung der USA wird zunehmend durch den Aufstieg neuer Mächte und die relative Schwächung der eigenen Position abgelöst.  Die neue sich abzeichnende Weltordnung dürfte mit der Grossmächte-Konstellation nach dem Wiener Kongress im 19. Jahrhundert vergleichbar sein. Mehrere Mächte, etwa die USA, Russland, EU, China und später noch andere, respektieren ihre jeweilige Existenz, werden aber bestrebt sein, ihren politischen Einfluss an der Peripherie zu vergrössern, in gegenseitiger Konkurrenz  mehr Anteile an Märkten und Rohstoffen zu gewinnen und ihre Rivalität ohne grossen Krieg fortzuführen. In diesem Rahmen sind wirtschaftliche und wissenschaftliche Zusammenarbeit sowie Pflege von Kontakten möglich, die Bildung von Koalitionen zur Wahrung bzw. Durchsetzung eigener Interessen wahrscheinlich. Verhandlungen und das Verhalten gegenüber anderen Staaten dürften aber mehr denn je mit einer Portion Macht versehen sein. In einem solchen System ist jede Grossmacht ihr eigener bester Freund, die kleineren Staaten lavieren dazwischen. Sie suchen Sicherheit in grösseren Organisationen und Koalitionen oder nähern sich der einen oder anderen Macht an, um ihre Handlungsfähigkeit, und, wenn möglich, auch die Eigenständigkeit, zu wahren. Im neu aufgelegten Konzert der Mächte dürften bzw. werden nebst Harmonie auch zahlreiche Misstöne zu hören sein, wir dürfen auf die weitere Entwicklung und Turbulenzen gespannt sein. „

Georg Vancura, lic. phil. M.B.A., Schweiz

 

http://www.nzz.ch/aktuell/international/auslandnachrichten/die-mythen-und-legenden-wuchern-1.18280961 5/5

Zitat aus der NZZ:

„Solange Russland daran interessiert ist, seine völlige Isolation zu vermeiden, besteht Hoffnung auf eine fortgesetzte, freilich um einige Illusionen ärmere Zusammenarbeit. Der Westen muss auch weiterhin die Zusammenarbeit mit Russland suchen. Allerdings muss diese Zusammenarbeit frei sein von Mythen. Die Behauptung, der Westen habe versprochen, die Nato nicht nach Osteuropa zu erweitern, ist ebenso falsch wie die Legende, die USA hätten Russland die Mitgliedschaft angeboten. Beide Aussagen perpetuieren eine russische Opferrolle, die Moskau zwar gelegen kommen mag, zugleich aber alle Beteiligten auf die Vergangenheit fokussiert, wenn es doch um die Zukunft geht. Diese Zukunft zu gestalten, wird auch ohne nostalgische Verklärungen noch schwierig genug. „

Michael Rühle leitet das Referat für Energiesicherheit in der Nato. Als Redenschreiber mehrerer Generalsekretäre erlebte er die Ereignisse seit 1991 mit. Er gibt hier seine persönliche Meinung wieder.

Wer macht eine Analyse der russischen Medien?

Die Situation in der Ostukraine eskaliert. Siehe Link unten, Bericht von Radio DRS. Das staatliche russische Fernsehen macht eine Propaganda und hetzt russische Minderheiten in weiteren Ländern gegen die lokale Bevölkerung auf. Die baltischen Staaten fühlen sich an 1944 erinnert und verbieten jetzt das russische Fernsehen.

Wer nimmt mal endlich eine professionelle Analyse der russischen Medien vor?

Georg, Bern

http://www.srf.ch/player/radio/popupaudioplayer?id=580906c3-d365-437d-9346-65919ef0f110